Skip to main content

Die Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e.V. (GWWG) wurde im August 1951 auf Initiative der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund gegründet und fördert die Arbeit des Westfälischen Wirtschaftsarchivs. Die GWWG trägt u.a. mit zwei Publikationsreihen und ihren Jahresvorträgen dazu bei, das Verständnis für wirtschafts-, sozial- und technikgeschichtliche Fragestellungen zu fördern.

Zusammen mit dem WWA präsentiert sich die GWWG auch auf Facebook (Westfälische Wirtschaftsgeschichte) und Instagram (wirtschaftsarchiv).

 

Mitgliedschaft

Die Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e.V. (GWWG) vereint über 600 Mitglieder im ganzen Land - dazu zählen Forschungseinrichtungen ebenso wie Unternehmen und interessierte Bürger. Werden auch Sie Mitglied im Netzwerk "Westfälische Wirtschaftsgeschichte".
 
Unser Angebot umfasst
 

  • den Jahresempfang der GWWG mit dem Vortrag eines renommierten Historikers (zu den einzelnen Vorträgen s. u.)
  • Vorträge, Tagungen und Kolloquien in der Region
  • Ausstellungen und Buchpräsentationen
  • den kostenlosen Bezug unserer Publikationsreihen (s. u.)

 

Mitglieder:

Jahr 1980   Anzahl 211

Jahr 1990   Anzahl 347

Jahr 2000   Anzahl 415

Jahr 2010   Anzahl 455

Jahr 2020   Anzahl 630

Jahr 2022   Anzahl 632

Jahr 2022   Anzahl 634

 

Aufteilung 2023:

Firmen                  130

Institutionen          87

Einzelpersonen   417

Gesamt                634


Wie kann ich Mitglied werden?
 
Die Mitgliedsbeiträge liegen zurzeit bei 30,00 Euro (oder mehr) pro Jahr für persönliche Mitglieder und 75,00 Euro (oder mehr) für Firmen und Institutionen. Dazu kommt eine Portopauschale in Höhe von 5,00 Euro für den Versand der Publikationen, die in der Reihe der Gesellschaft veröffentlicht werden.
 
Falls Sie Interesse an einer Mitgliedschaft haben, füllen Sie bitte hier direkt die Beitrittserklärung aus oder wenden sich an:
 
Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e.V. (GWWG)
Frau Silvia Berta
Märkische Straße 120
44141 Dortmund
Tel. 0231 54 17 297
s.berta@dortmund.ihk.de
 
Vielen Dank!

Downloads on the Topic

Preis für Westfälische Wirtschaftsgeschichte 2018

Die Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG) hat 2018 erstmals den Preis für Westfälische Wirtschaftsgeschichte für herausragende Masterarbeiten vergeben, die sich mit Themen der westfälischen Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte auseinandersetzen. Der Preis ist mit 4.000 € dotiert. „Damit wollen wir junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die westfälische Wirtschaftsgeschichte begeistern“, so Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs und GWWG-Geschäftsführer. Die GWWG ist ein bedeutendes Netzwerk mit fast 600 Mitgliedern aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und öffentlichem Leben und fördert die Arbeit des Westfälischen Wirtschaftsarchivs, die zentrale Dokumentationsstelle der Wirtschaft in Westfalen-Lippe. Der Preis soll fortan in zweijährigem Rhythmus verliehen werden. Sein Profil wurde in Zusammenarbeit mit den GWWG-Vorstandsmitgliedern Prof. Dr. Ulrich Pfister von der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und Prof. Dr. Ziegler von der Ruhr-Universität Bochum entwickelt. „Er richtet sich speziell an Masterarbeiten, um junge Wissenschaftler zu fördern und den Übergang zu Dissertationsprojekten zu erleichtern“, erläutert Joachim Punge, Vorsitzender der GWWG. Insgesamt wurden sechs Arbeiten zu folgenden Themen eingereicht, die alle durch eine sehr hohe Qualität überzeugten:

 
• Industrie wird Natur – postindustrielle Repräsentationen von Region und Umwelt im Ruhrgebiet (Ruhr-Universität Bochum)
• Das Dortmunder U. Zwischen Kunst- und Kulturzentrum und Industriedenkmal (TU Dortmund)
• Die Ausbildung der Zukunft. Die Westfälische Berggewerkschaftsklasse als Prisma der „Wissenspolitik“ im Strukturwandel (1960er bis 1980er-Jahre) (Ruhr Universität Bochum)
• Die Organisation und Ausübung der Markenherrschaft durch die Stadt Lübbecke (ca. 1570-1700) (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
• Gab es in Deutschland eine Konsumrevolution? Das Münsterland im 18. Jahrhundert (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
• Die Koksversorgung der Reichswerke „Hermann Göring“ 1937-1945 (Ruhr-Universität Bochum)
 
Die mit sechs fachkundigen Wissenschaftlern besetzte Jury ist einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, den Preis zu teilen. Die erste Preisträgerin ist Johannah Weber mit ihrer Arbeit über „Die Koksversorgung der Reichswerke „Hermann Göring“ 1937-1945“, die bei Prof. Dr. Dieter Ziegler der Ruhr-Universität Bochum entstanden ist. Die andere Hälfte des Preises geht an Henning Bovenkerk mit seiner Arbeit zum Thema „Gab es in Deutschland eine Konsumrevolution? Das Münsterland im 18. Jahrhundert“, die Prof. Dr. Ulrich Pfister an der Universität Münster begleitete. Die Preisübergabe erfolgte am 5. März 2018 im großen Rahmen beim traditionellen Jahresvortrag der GWWG vor über 200 Gästen und im Beisein von IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann im Großen Saal der IHK zu Dortmund.

 

Vorstand der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte:

Geschäftsführender Vorstand:

  • Dr. Ansgar Fendel, Geschäftsführer der REMONDIS SmartRec GmbH, Lünen (Vorsitzender)
  • Jürgen Wannhoff, Vizepräsident und Vorstandsmitglied Sparkassenverband Westfalen-Lippe, Münster (stellv. Vorsitzender)
  • Dirk Schaufelberger, Vorsitzender des Vorstands der Sparkasse Dortmund, Dortmund (Schatzmeister)
  • Dr. Kathrin Baas, Direktorin der Stiftung Westfälisches Wirtschaftsarchiv (Geschäftsführerin)

 

Gesamtvorstand:

  • Dietrich Alberts, Geschäftsführer der Gust. Alberts GmbH & Co. KG, Herscheid
  • Prof. Dr. Tamara Appel, Rektorin der Fachhochschule Dortmund
  • Thomas Banasiewicz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Münster
  • Michael Bergmann, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet, Bochum
  • Bettina Brennenstuhl, Vorständin der Dortmunder Hafen AG
  • Ralf Birkendahl, Vice President Deutsche Bank AG, Dortmund
  • Christoph Brücher, Geschäftsführender Gesellschafter der Marx & Marx Versicherungsmakler GmbH & Co. KG, Dortmund
  • Michael Brückner, Direktor der National-Bank AG, Dortmund
  • Prof. Dr. Ottfried Dascher, Ltd. Staatsarchivdirektor a. D. des NRW-Hauptstaatsarchivs Düsseldorf, Dortmund
  • Heinz-Herbert Dustmann, Geschäftsführer der Dula-Werke Dustmann & Co. GmbH, Dortmund
  • Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Direktor der Stiftung Westfälisches Wirtschaftsarchiv i. R., Dortmund
  • Dr. Ralf Geruschkat, Hauptgeschäftsführer der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen
  • Carsten Harder, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dortmund
  • Dipl.-Ing. Franz Hirthammer, Dortmund
  • Detlev Höhner, Geschäftsführer der Murdotec Kunststoffe Beteiligungsgesellschaft mbH, Dortmund
  • Ulrich Jaeger, Verkehrsvorstand der DSW21 Dortmunder Stadtwerke AG
  • Hubert Jung, Vorstandsmitglied der DSW21 Dortmunder Stadtwerke AG
  • Nicole Jasmin Kassel, CEO der Werhausen & Kassel GmbH, Unna
  • Horst Koester, Geschäftsführer der Langenbach & Koester GmbH & Co. KG, Plettenberg
  • Stefan H. Lammerding, NATIONAL-BANK Vermögenstreuhand GmbH, Essen
  • Pascal Ledune, Geschäftsführer der IMPULS.Die Hammer Wirtschaftsagentur
  • Gunnar Lohmann-Hütte, Gesellschafter der Friedr. Lohmann GmbH, Witten
  • Sabine Loos, Hauptgeschäftsführerin der Westfalenhallen Dortmund GmbH
  • Udo Mager, Geschäftsführer des Verbands der kommunalen RWE-Aktionäre GmbH (VkA), Essen
  • Michael Martens, Vorsitzender des Vorstands der Dortmunder Volksbank
  • Heike Marzen, Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung Dortmund
  • Prof. Dr. Ulrich Pfister, Lehrstuhl für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
  • Sandra Pohl, Fachdezernentin Geschichte bei der Bezirksregierung Arnsberg
  • Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld
  • Prof. Dr. Wilfried Reininghaus, Präsident des Landesarchivs NRW a. D., Senden
  • PD Dr. Eva-Maria Roelevink, Juniorprofessorin für Wirtschaftsgeschichte am Historischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
  • Dr. Aare Schaier, audalis Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Dortmund
  • René Scheer, Vorsitzender des Vorstands der Kulturstiftung Dortmund
  • Hendrik Schmitt, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen, Arnsberg
  • Thomas Schneider, Geschäftsführer der Actien-Brauerei GmbH, Dortmund
  • Dipl.-Bw. Stefan Schreiber, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund
  • Reinhold Schulte, Aufsichtsratsvorsitzender der Signal Iduna Gruppe, Dortmund
  • Jörg Stüdemann, Stadtdirektor der Stadt Dortmund
  • Christa Thoben, NRW-Wirtschaftsministerin a. D., Bochum
  • Thomas Westphal, Oberbürgermeister der Stadt Dortmund
  • Prof. Dr. Dieter Ziegler, Lehrstuhl für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum

 

Publikationsreihen der GWWG

I) Kleine Schriften der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte

Zu beziehen über den Ardey-Verlag, Münster. Falls dort vergriffen, wenden Sie sich bitte an das WWA.

Heft 38
Karl-Peter Ellerbrock, Burkhard Spinnen (Hg.): Lebenserinnerungen von Peter Cremer, Dortmund; Münster 2023, 200 Seiten, 19,80 EUR, ISBN 978-3-87023-294-8

Heft 37
Karl-Peter Ellerbrock, Harald Wixforth, Jost Springensguth (Hg.): Freies Unternehmertum und Soziale Marktwirtschaft. 100 Jahre Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe, 100 Jahre Westfälische Wirtschaftsgeschichte, Dortmund/Münster 2021, 24,80 €, ISBN 978-3-87023-293-1, 286 S.

Heft 36
Bernd Windhoff; Karl-Peter Ellerbrock, Burkhard Spinnen, Sabine Kittel, Harald Wixforth (Hg.): Mein beinahe vollkommen glückliches Leben, Dortmund/Münster 2020, 14,80 €, ISBN 978-3-87023-292-4, 174 S.

Heft 35
Wilhelm Mensing, Roman Mensing: Vom Windmühlenflügel zum Turbinenpropeller. Geschichte der Firma Drees & Co GmbH Maschinenfabrik und Eisengießerei in Werl 1894-1987, Münster 2013, 12,80 €, ISBN 978-3-87023-291-7, 304 S.

Heft 34
Karl-Peter Ellerbrock (Hg.): Zur Geschichte der westfälischen Brauwirtschaft im 19. und 20. Jahrhundert, Münster 2012, 14,80 €, ISBN 978-3-87023-290-0, 264 S.

Heft 33
Karl-Peter Ellerbrock (Hg.), Margit Schulte Beerbühl, Klaus Tenfelde, Gabriele Unverferth: Erster Weltkrieg, Bürgerkrieg und Ruhrbesetzung. Dortmund und das Ruhrgebiet 1914/18-1924, Dortmund 2010, 200 S., 12.80 EUR, ISBN 978-3-87023-289-4

Heft 32
Bessler-Worbs, Tanja und Karl-Peter Ellerbrock: Industriepioniere, Wirtschaftsbürger und Manager. Historische Unternehmerpersönlichkeiten aus dem Märkischen Südwestfalen, Dortmund 2007, 176 S., 14,80 EUR, ISBN 978-3-87023-288-7.

Heft 31
Reininghaus, Wilfried (Hg.): Ein westfälischer Kaufmann in Amerika 1783/84. Johann Heinrich Basses Bericht über seinen Konkurs in Philadelphia, Dortmund 2004, 128 S., 8,50 EUR, ISBN 978-3-87023-253-5

Heft 30
Vorträge zur Sparkassengeschichte. Wissenschaftliches Kolloquium der Stiftung Westfälisches Wirtschaftsarchiv und der Stadtsparkasse Dortmund am 26. Februar 1992 mit Beiträgen von Rolf Caesar, Gustav Luntowski, Hans Pohl und Josef Wysocki, Dortmund 1994, 7,50 EUR, ISBN 3-925227-35-0

Heft 29
Schremmer, Eckart: Über stabiles Geld. Eine wirtschaftshistorische Sicht, Dortmund 1992, 6,00 EUR, ISBN 3-925227-32-6

Heft 28
Henning, Friedrich-Wilhelm: Soziale Struktur und soziale Verhältnisse vom 15. bis zum 20. Jahrhundert im Hilchenbacher Raum, Dortmund 1988, 5,00 EUR 5, ISBN 3-925227-27-X

Heft 27
Treue, Wilhelm: Eisenbahnen und Industrialisierung. Ein Beitrag zur preußischen Wirtschafts- und Technikgeschichte im 19. Jahrhundert, Dortmund 1987, ISBN 3-925227-26-1

Heft 26
Winkel, Harald: Der Glaube an die Beherrschbarkeit von Wirtschaftskrisen (1933-1970) - Lehren aus der Weltwirtschaftskrise, Dortmund 1984, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-22-9

Heft 25
Henning, Friedrich-Wilhelm: Vorindustrielles Gewerbe und wirtschaftlicher Wandel im Paderborner Land im 19. Jahrhundert; Pollard, Sidney: Region und Industrialisierung im Vergleich - Minden-Ravensberg und die englischen Industriegebiete, Dortmund 1982, 5,00 EUR, ISBN 3-925227-21-0

Heft 24
Teuteberg, Hans-Jürgen: Westfälische Textilunternehmer in der Industrialisierung. Sozialer Status und betriebliches Verhalten im 19. Jahrhundert, Dortmund 1980, 6,25 EUR, ISBN 3-925227-18-0

Heft 23
Conze, Werner: Der Strukturwandel der Familie im industriellen Modernisierungsprozeß - Historische Begründung einer aktuellen Frage, Dortmund 1979, 4,25 EUR, ISBN 3-95227-17-2

 Heft 22
Troitzsch, Ulrich: Innovation, Organisation und Wissenschaft beim Aufbau von Hüttenwerken im Ruhrgebiet 1850-1870, Dortmund 1977

Heft 21
Petzina, Dietmar: Krisen gestern und heute - Die Rezession von 1974/75 und die Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise, Dortmund 1977, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-14-8

Heft 20
Kaufhold, Karl Heinrich: Das Metallgewerbe der Grafschaft Mark im 18. und frühen 19. Jahrhundert, Dortmund 1976, 4,75 EUR, ISBN 3-925227-13-X

Heft 19
Paulinyi, Akos: Industriearchäologie. Neue Aspekte der Wirtschafts- und Technikgeschichte, Dortmund 1975, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-12-1

Heft 18
Sprandel, Rolf: Die Betriebsformen der Eisenproduktion in Westdeutschland in vorindustrieller Zeit; Timm, Albrecht: Bergbau und Wissenschaft - ihre wechselseitige Beeinflussung zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert, Dortmund 1974, 4,00 EUR

Heft 17
Klaveren von, Jacob: Die Industrielle Revolution und das Eindringen des Fabrikanten in den Handel, Dortmund 1972, 24 Seiten, 4,00 EUR, ISBN 978-3-87023-011-1

Heft 16
Zorn, Wolfgang: Das Unternehmerporträt - ein Stück Sozialgeschichte, Dortmund 1970, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-09-1

Heft 15
Tilly, Richard H.: Die Industrialisierung des Ruhrgebiets und das Problem der Kapitalmobilisierung, Dortmund 1969, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-08-3

Heft 14
Abel, Wilhelm: Der Pauperismus in Deutschland am Vorabend der industriellen Revolution, Dortmund 1966, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-07-5

Heft 13
Treue, Wilhelm: Konzentration und Expansion als Kennzeichen der politischen und wirtschaftlichen Geschichte Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert, Dortmund 1966

Heft 12 (vergriffen)
Herrmann, Walther: Bündnisse und Zerwürfnisse zwischen Landwirtschaft und Industrie seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, Dortmund 1965

Heft 11 (vergriffen)
Aubin, Hermann: Das westfälische Leinengewerbe im Rahmenn der deutschen und europäischen Leinwanderzeugung bis zum Anbruch des Industriezeitalters, Dortmund 1964

Heft 10 (vergriffen)
Maschke, Erich: Grundzüge der den Kartellgeschichte bis 1914, Dortmund 1964

Heft 9
Fischer, Wolfram: Die Bedeutung der preußischen Bergrechtsreform (1851-1865) für den industriellen Aubau Ruhrgebiets, Dortmund 1961

Heft 8 (vergriffen)
Lütge, Friedrich: Reich und Wirtschaft. Zur Reichsgewerbe- und Reichshandelspolitik im 15.-18. Jahrhundert, Dortmund 1961

Heft 7
Kohte, Wolfgang: Westfalen und der Emsmündungsraum, Dortmund 1960,4,00 EUR, ISBN 3-925227-06-7

Heft 6
Richtering, Helmut: Firmen- und wirtschaftsgeschichtliche Quellen in Staatsarchiven. Dargestellt am Beispiel Westfalens vornehmlich für das 19. Jahrhundert, Dortmund 1957, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-05-9

Heft 5
Schulz, Ernst Hermann: Die Stahlqualität als Faktor in der Entwicklung der westfälischen Eisenindustrie, Dortmund 1957, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-04-0

Heft 4
Kuske, Bruno: Grundlinien westfälischer Wirtschaftsgeschichte, Dortmund 1955, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-03-2

Heft 3
Beutin, Ludwig: Die Praxis und die Wirtschaftsgeschichte, Dortmund 1955, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-02-4

Heft 2
Bechtel, Heinrich: Der Wirtschaftstil des deutschen Unternehmers in der Vergangenheit, Dortmund 1955, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-01-6

Heft 1
Herrmann, Walther: Entwicklungslinien montanindustrieller Unternehmungen im rheinisch-westfälischen Industriegebiet, Dortmund 1954, 4,00 EUR, ISBN 3-925227-00-8

II) Untersuchungen zur Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte


Zu beziehen über den Ardey-Verlag, Münster. Falls dort vergriffen, wenden Sie sich bitte an das WWA.

Band 32
Blank, Ralf; Ellerbrock, Karl-Peter (Hg.): Die Accumulatoren Fabrik AG. Vom Pionierunternehmen zum Weltkonzern VARTA. Batterien aus Hagen 1887-2021 Münster 2022, 522 Seiten, 39,80 EUR, ISBN 978-3-402-24962-8 (Aschendorff-Verlag)

Band 31
Ingo Köhler, Eva-Maria Roelevink (Hg.): Transformative Moderne. Struktur, Prozess und Handeln in der Wirtschaft. Festschrift für Dieter Ziegler zum 65. Geburtstag, Dortmund/Münster 2021, 39,90 €, ISBN 978-3-87023-457-7, 528 S.

Band 30
Bodden, Nancy: Business as usual? Die Dortmunder Brauindustrie, der Flaschenbierboom und die Nachfragemacht des Handels 1950 bis 1980, Münster 2019, 279 S., broschiert, 30.00 EUR, ISBN 978-3-87023-445-4

Band 29
Ellerbrock, Karl-Peter, Bodden, Nancy, Schulte Beerbühl, Margit (Hg.): Kultur, Strategie und Netzwerke. Familienunternehmen in Westfalen im 19. und 20. Jahrhundert, Dortmund 2014, 204 S., broschiert, 28.00 EUR, ISBN 978-3-87023-201-6.

Band 28
Lange, Gisela: Ländliche Bevölkerung der Grafschaft Mark 1680 bis 1750, Dortmund 2011, 416 S., 35.00 EUR, ISBN 978-3-87023-200-9

Band 27
Berger, Andreas: Die Industrialisierung im Hagener Raum zwischen 1815 und 1914, Dortmund 2010, 544 S., 35.00 EUR, ISBN 978-3-87023-199-6

Band 26
Koch, Peter: Geschichte der westfälisch-lippischen Versicherungswirtschaft und ihrer Unternehmen, Dortmund, Dortmund 2005, 184 S., 18.00 EUR, ISBN 978-3-87023-198-9

Band 25
Stremmel, Ralf: Kammern der gewerblichen Wirtschaft im Dritten Reich. Allgemeine Entwicklungen und das Fallbeispiel Westfalen-Lippe, Dortmund 2005, 672 Seiten, broschiert, EUR 39,00 ISBN 3-87023-197-1

Band 24
Ellerbrock, Karl-Peter / Wischermann, Clemens (Hg.): Die Wirtschaftsgeschichte vor der Heraus-forderung durch die New Institutional Economics, Dortmund 2004, ca. 280 S., broschiert, ca. EUR 28,00 ISBN 3-925227-46-6

Band 23
Wischermann, Clemens unter Mitwirkung von Anne Nieberding und Britta Stücker (Hg.): Unternehmenskommunikation deutscher Mittel- und Großunternehmen. Theorie und Praxis in historischer Perspektive, Dortmund 2003, 280 S., broschiert, EUR 28,00 ISBN 3-925227-45-8

Band 22
von Delhaes-Guenther, Linda: Erfolgsfaktoren des westdeutschen Exports in den 1950er und 1960er Jahren, Dortmund 2003, 544 S., broschiert, EUR 35,00, ISBN 3-925227-44-x

Band 21
Albers, Helene / Pfister, Ulrich (Hg.): Industrie in Münster 1870-1970. Lokale Rahmenbedingungen - Unternehmensstrategien - regionaler Kontext, Dortmund 2001, 354 S., broschiert, EUR 19,-- ISBN 3-925227-43-1

Band 20
Ellerbrock, Karl-Peter / Bessler-Worbs, Tanja (Hg.): Wirtschaft und Gesellschaft im südöstlichen Westfalen: die IHK zu Arnsberg und ihr Wirtschaftsraum im 19. und 20. Jahrhundert, Dortmund 2001, 608 S., broschiert, EUR 32,50 ISBN 3-925227-42-3

Band 19
Wischermann, Clemens / Borscheid, Peter / Ellerbrock, Karl-Peter (Hg.): Unternehmenskommunikation im 19. und 20. Jahrhundert. Neue Wege der Unternehmensgeschichte, Dortmund 2000, 253 S., broschiert, EUR 19,--, ISBN 3-925227-41-5

Band 18
Reininghaus, Wilfried / Teppe, Karl (Hg.): Verkehr und Region im 19. und 20. Jahrhundert. Westfälische Beispiele, Ferdinand Schöningh-Verlag: Paderborn 1999, 436 S., gebunden, EUR 44,-- ISBN 3-506-79601-1

Band 17
Lauschke, Karl: Die Hoesch-Arbeiter und ihr Werk. Sozialgeschichte der Dortmunder Westfalenhütte während der Jahre des Wiederaufbaus 1945-1966, Klartext Verlag: Essen 2000, 444 S., gebunden, EUR 34,-- ISBN 3-88474-746-0

Band 16
Hoock, Jochen / Reininghaus, Wilfrid (Hg.): Kaufleute in Europa. Handelshäuser und ihre Überlieferung in vor- und frühindustrieller Zeit. Beiträge der Tagung im Westfälischen Wirtschaftsarchiv, 9. bis 11. Mai 1996, Dortmund 1997, 218 S., broschiert, EUR 16,-- ISBN 3-925227-40-7

Band 15
Reininghaus, Wilfried / Stremmel, Ralf (Hg.): Handwerk, Bürgertum und Staat. Beiträge des zweiten handwerksgeschichtlichen Kolloquiums auf Schloß Raesfeld, 12. bis 14. Januar 1995, Dortmund 1997, 89 S., broschiert, EUR 14,--, ISBN 3-925227-39-3

Band 14
Liebelt, Katrin: Die Sozialstruktur der Residenzstadt Arnsberg im 17. Jahrhundert, Dortmund 1996, XXVIII, 160 S., broschiert, EUR 12,50 ISBN 3-925227-38-5

Band 13
Reininghaus, Wilfried: Die Stadt Iserlohn und ihre Kaufleute (1700-1815), Dortmund 1995, 687 S., broschiert, EUR 24,-- ISBN 3-925227-37-7

Band 12
Köllmann, Wolfgang / Reininghaus, Wilfried / Teppe, Karl (Hg.): Bürgerlichkeit zwischen gewerblicher und industrieller Wirtschaft. Beiträge des wissenschaftlichen Kolloquiums anläßlich des 200. Geburtstags von Friedrich Harkort vom 25. bis 27. Februar 1993, Dortmund 1994, 170 S., broschiert EUR 14,-- ISBN 3-925227-36-9

Band 11
Reininghaus, Wilfried (Hg.): Wanderhandel in Europa. Beiträge zur wissenschaftlichen Tagung in Ibbenbüren, Mettingen, Recke und Hopsten vom 9.-11. Oktober 1992, Dortmund 1993, 231 S., broschiert 16,00 EUR, ISBN 3-925227-34-2

Band 10
Kaudelka-Hanisch, Karin: Preußische Kommerzienräte in der Provinz Westfalen und im Regierungsbezirk Düsseldorf (1810-1918), Dortmund 1993, 364 S., broschiert 20,00 EUR, ISBN 3-925227-33-4

Band 9
Dascher, Ottfried / Kleinschmidt, Christian (Hg.): Die Eisen- und Stahlindustrie im Dortmunder Raum. Wirtschaftliche Entwicklung, soziale Strukturen und technologischer Wandel im 19. und 20. Jahrhundert, Dortmund 1992, 589 S., broschiert 24,00 EUR, ISBN 3-925227-31-8

Band 8
Petzina, Dietmar / Reulecke, Jürgen (Hg.): Bevölkerung, Wirtschaft, Gesellschaft im Wandel. Festschrift für Wolfgang Köllmann zum 65. Geburtstag, Dortmund 1990, XIV, 428 S., gebunden 19,50 EUR, ISBN 3-925227-30-X

Band 7
Bratvogel, Friedrich W.: Stadtentwickung und Wohnverhältnisse in Bielefeld unter dem Einfluß der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, Dortmund 1989, 94 S., broschiert 24,50 EUR, ISBN 3-925227-29-6

Band 6
Teuteberg, Hans-Jürgen (Hg.): Westfalens Wirtschaft am Beginn des Maschinenzeitalters, Dortmund 1988, X, 406 S., broschiert 21,00 EUR, ISBN 3-925227-28-8

Band 5
Schüren, Reinhard: Staat und ländliche Industrialisierung. Sozialer Wandel in zwei Dörfern einer deutsch-niederländischen Textilgewerberegion 1830-1914, Dortmund 1985, IX, 242 S., gebunden 20,00 EUR, ISBN 3-925227-23-7; broschiert 17,50 EUR, ISBN 3-925227-24-5

Band 4
Ditt, Karl: Industrialisierung, Arbeiterschaft und Arbeiterbewegung in Bielefeld 1850-1914, Dortmund 1982, XV, 322 S., gebunden, 22,50 EUR, ISBN 3-925227-19-9

Band 3
Herbig, Wolfgang: Wirtschaft und Bevölkerung der Stadt Lüdenscheid im 19. Jahrhundert, Dortmund 1977, XX, 213 S., gebunden 35,00 DM, ISBN 3-925227-15-6; broschiert 14,00 EUR, ISBN 3-925227-16-4

Band 2
Fremdling, Rainer: Eisenbahnen und deutsches Wirtschaftswachstum 1840-1879. Ein Beitrag zur Entwicklungstheorie und zur Theorie der Infrastruktur, 2., erw. Aufl., Dortmund 1985, XIV, 236 S.

Band 1
Holtfrerich, Carl-Ludwig: Quantitative Wirtschaftsgeschichte des Ruhrkohlenbergbaus im 19. Jahrhundert. Eine Führungssektoranalyse, Dortmund 1973, XIV, 197 S., gebunden 12,25 EUR, ISBN 3-925227-11-3

Jahresvorträge der GWWG

Jahresvortrag 2024

Foto: Stephan Schuetze
Foto: Stephan Schütze

Professor Dr. Frank Bösch: "Deals mit Diktaturen. Der deutsche Umgang mit weltweiten Autokratien seit 1949"

Die bundesdeutsche Kooperation mit Diktaturen steht aktuell in der Kritik. Diese komplexe Thematik aus historischer Perspektive zu betrachten, dazu lud die Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG) am 12. März 2024 anlässlich ihres traditionellen Jahresvortrags ein. Rund 200 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Kultur folgten dem Vortrag des renommierten Zeithistorikers Prof. Dr. Frank Bösch, der auf Basis umfassender Archivrecherchen aufzeigte, wie die engen Beziehungen zu Diktaturen seit der Ära Adenauer systematisch aufgebaut wurden. Bösch ist seit 2011 Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) und lehrt an der Universität Potsdam. Gerade erschien sein neues Buch „Deals mit Diktaturen. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik“ (C.H. Beck), das sogleich eine große öffentliche Aufmerksamkeit erreichte.

„Nach dem Nationalsozialismus hatten viele Eliten lange ein Verständnis für antikommunistische Diktaturen. Die Förderung des Exportes und somit wirtschaftliche Interessen standen ganz im Vordergrund“, betonte Frank Bösch in seiner Analyse. Die Regierungsakten zeigen, dass Menschenrechte sehr lange auch intern nicht angesprochen wurden, da dies „deutsche Interessen“ gefährden würde. Vielmehr weist Bösch zahlreiche Zugeständnisse an Diktatoren nach. Dem Schah von Iran sicherte die Bundesregierung unter Konrad Adenauer 1955 nach einem Empfang in Deutschland etwa ein Vorgehen gegen kritische Journalisten und iranische Oppositionelle zu. Griechenlands Diktatur konnte eine Einschränkung der kritischen Berichte der „Deutschen Welle“ erreichen oder Libyens Diktator Gaddafi erwirkte die Freilassung von Terroristen.

Zugleich zeigte Bösch, wie seit den 1960er Jahren öffentliche Proteste gegen Diktaturen die Regierungspolitik beeinflussten und auch moralische Aspekte Einzug in die deutsche Außenpolitik erhielten. Dafür sorgten neben den Gewerkschaften auch die Medien mit investigativen Reportagen oder Kundgebungen von migrantischen Gruppen. Durch den öffentlichen Druck kam es punktuell zu Sanktionen und Geheimverhandlungen, die auch zur Freilassung von Inhaftierten führten. So gab die Bundesregierung zugesagte Kapitalhilfen für Südkorea und für Chile erst frei, als die dortigen Regime ausgewählte Oppositionelle aus der Haft entließen. Insgesamt zeigte der spannende Blick auf die „andere“ Geschichte der Bundesrepublik, wie nicht nur aktuelle Probleme entstanden, sondern auch Wege zu einer kritischen Kooperation möglich wurden.

In einer anschließenden Talkrunde mit Dr. Kathrin Baas, Geschäftsführerin der GWWG, ging es um die Zugangsmöglichkeiten zu besonderen Archiven (BND und Amnesty International) und um die ambivalente Position von Politikern wie Bundeskanzler Helmut Schmidt, der 1977 aus strategischen Gründen mit einem diktatorischen Herrscher wie Mobutu aus Zaire pressewirksam auf einem Foto posieren musste. Gefragt nach der aktuellen Tendenz zur Stabilisierung von autokratischen Regimen zeigte sich Frank Bösch verhalten optimistisch: In der deutschen Politik habe sich viel verändert. Allein die Sanktionen gegen Russland zeigen, dass deutliche Grenzen gesetzt werden. Letztlich erweise sich die wirtschaftliche Stärke Deutschlands als Faustpfand für Menschenrechte.

Bei einem anschließenden Stehempfang im Foyer der IHK tauschten sich die Gäste aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Verwaltung bei Wein und Bier aus. Der Jahresvortrag der GWWG findet jährlich statt und ist mittlerweile zu einem kulturellen Treffpunkt der Stadtgesellschaft geworden.

Zum Referenten: 
Prof. Dr. Frank Bösch, geboren 1969 in Lübeck, ist Professor für Europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts an der Universität Potsdam und Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF). Zuvor lehrte er an der Georg-August-Universität Göttingen, der Ruhr-Universität Bochum und der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Bösch hat vielfältig zur Geschichte seit dem späten 19. Jahrhundert publiziert. Sein Buch „Zeitenwende 1979. Als die Welt von heute begann“ (C.H. Beck 2019, 6. Aufl.), das globale Umbrüche in ihren Bezügen zu Deutschland untersucht, erreichte die Bestsellerliste. Ebenso publizierte er vielbeachtete Werke zur Mediengeschichte, zum Konservatismus und zur Parteiengeschichte, insbesondere der CDU.
Im Februar 2024 erscheint sein neues Buch „Deals mit Diktaturen. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik“ ebenfalls bei C.H. Beck.

Jahresvortrag 2023

Prof. Dr. Karl Schlögel: "Kein Ende der Geschichte - Im Tumult der Gegenwart"

Hier wäre ein Bild gewesen...

Über 250 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Kultur begrüßte IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann am 27. April 2023 im Großen Saal der IHK zu Dortmund. Anlass war der traditionelle Jahresvortrag der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG), den in diesem Jahr der Historiker Karl Schlögel, ein ausgewiesener Experte für die Geschichte Osteuropas und medial sehr gefragter Kenner der Ukraine, hielt.

Schlögel lieferte in seinem Vortrag „Kein Ende der Geschichte – im Tumult der Gegenwart“ keine Prognosen, was den weiteren Verlauf des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine angeht. Er analysierte vielmehr die aktuelle Situation und sprach vom Ende der Illusionen in einer von westeuropäischen Demokratien dominierten Weltordnung seit der Zeitenwende vom 24. Februar 2022. Erst diese Zäsur, so Schlögel, hätte dazu geführt, dass die Ukraine als Staat neben Russland überhaupt von den westeuropäischen Staaten wahrgenommen wurde.

Kennzeichen des Tumults der Gegenwart seien die große Ohnmacht und Sprachlosigkeit angesichts der Bilder der Gewalt, die zum medialen Alltagsgeschäft geworden seien. Diese Bilder machten deutlich, was Putin mit seinem Angriff auf die Ukraine bezwecke: die Auslöschung eines europäischen Staates. Schlögel charakterisierte die russische Invasion in der Ukraine als „Desillusionierung“ und fragte gleichzeitig, wie man sich als Gesellschaft vor der Verführung durch Utopien und Verschwörungstheorien schützen könne. Die Selbstinszenierung eines Diktators neuen Typs prägten die mediale Öffentlichkeit Russlands. Putin beherrsche die „Rituale der Macht“, was Schlögel als „soft power“ von Diktatoren bezeichnete.

Hellwach und auf alles gefasst sein und nicht in Panik zu verfallen, so lautete Schlögels Schlusscredo, das er dem ergriffen zuhörenden Publikum mit auf den Weg in den weiteren Abend gab.

Zudem stand eine Verabschiedung an: Der Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs, Dr. Karl-Peter Ellerbrock, geht nach 27 Jahren erfolgreicher Tätigkeit in den Diensten der westfälischen Wirtschaftsgeschichte in den Ruhestand. Ellerbrock hatte sich Karl Schlögel als Referenten für seinen letzten Jahresvortrag ausdrücklich gewünscht (vgl. den Jahresvortrag 2010). Die Nachfolge als Direktorin des WWA tritt Dr. Kathrin Baas an.

Jahresvortrag 2021

Jahresvortrag 2021
Foto: Oliver Schaper

 

Hier geht es zum GWWG Jahresvortrag 2021 (Live-Stream) auf YouTube.

 

Jahresvortrag 2022

Prof. Dr. Joachim Scholtyseck: "Pionier eines neuen Management-Geistes" - Reinhard Mohn und Bertelsmann

Hier wäre ein Bild gewesen

Nach einem Jahr Unterbrechung durch die Corona-Pandemie lud die Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG) am 17. Mai wieder zu ihrem traditionellen Jahresvortrag in die IHK zu Dortmund ein. „Wir haben als Ausdruck des Dankes für die langjährige Treue und Unterstützung unserer Arbeit exklusiv unsere Mitglieder eingeladen“, erklärte GWWG-Vorsitzender und IHK-Vizepräsident Dr. Ansgar Fendel in seiner Begrüßung. Fast 100 Gäste waren der Einladung in den Großen Saal der IHK gefolgt.

Fendel freute sich, mit Prof. Dr. Joachim Scholtyseck von der Universität Bonn einen der profiliertesten Kenner der deutschen Großunternehmer als Referenten gewonnen zu haben. Auf der Liste der Veröffentlichungen von Professor Scholtyseck stehen außer Reinhard Mohn u.a. die Namen Quandt, Freudenberg, Merck oder der des Metro-Gründers Otto Beisheim. „Ich finde es natürlich besonders spannend zu erfahren, welche Faktoren bei der Transformation eines traditionellen Buchverlages zu einem international führenden Medienkonzern die wesentliche Rolle gespielt haben“, so Dr. Fendel.

Reinhard Mohn (1921–2009) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Unternehmer des 20. Jahrhunderts. Aber war er auch ein „Jahrhundertunternehmer“? Einiges spricht dafür: Abschied vom Denken in patriarchalischen Strukturen, konsequente Delegation von Verantwortung und das Streben nach einem Unternehmertum, das sich der gesellschaftlichen Aufgaben eines dynamisch und international agierenden Unternehmens bewusst ist und zugleich höchst erfolgreich wirtschaftet – alle diese Aspekte kennzeichnen Mohns Kultur der Unternehmensführung.

Als Kriegsheimkehrer übernahm Mohn 1947 den elterlichen Verlag. Er repräsentierte die fünfte Generation der Eigentümerfamilien Bertelsmann/Mohn. Angeregt durch seine Ideen, deren Wurzeln unter anderem in seinen USA-Erfahrungen während seiner Kriegsgefangenschaft liegen, war er ein Pionier eines neuer Management-Geistes, der mit seinen Vorstellungen flacher Hierarchien seit den 1950er Jahren wegweisend war. Er stellte in den folgenden Jahrzehnten, beginnend mit der Gründung des Bertelsmann Leserings 1950, die Weichen für die Entwicklung von Bertelsmann zu einem international operierenden Medienkonzern mit sozialpartnerschaftlicher Unternehmenskultur. Zum wirtschaftlichen Erfolg seit der Zeit des „Wirtschaftswunders“ gesellte sich für die aus der ostwestfälischen Provinz heraus von Mohn gelenkte Bertelsmann AG hohes Ansehen als einer der attraktivsten und fortschrittlichsten Arbeitgeber der Bundesrepublik. 1977 rief Reinhard Mohn die Bertelsmann Stiftung ins Leben, die sich der Förderung einer demokratischen Bürgergesellschaft widmet und heute als bedeutendste unter den deutschen Stiftungen gilt.

In der anschließenden lebhaften Diskussion lenkte Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs und GWWG-Geschäftsführer, den Blick auf die Frage nach den Verstrickungen der Familie Mohn mit dem NS-System und die Geschichtspolitik bei Bertelsmann. Auch die Rolle, die Liz Mohn in der Unternehmenspolitik spielte, wurde thematisiert.

Zum Referenten

Joachim Scholtyseck, geboren 1958, studierte Geschichte, Politische Wissenschaften, Kunstgeschichte und Soziologie an der Universität Bonn. Er wurde 1991 mit einer Dissertation zu den deutsch-italienischen Beziehungen in der Bismarckzeit promoviert und habilitierte sich 1998 an der Universität Karlsruhe mit einer Arbeit zu Robert Bosch und dem liberalen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Seit 2001 ist er Universitätsprofessor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Bonn. Er ist u. a. Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und der Otto-von-Bismarck-Stiftung. Zu den wichtigsten unternehmensgeschichtlichen Studien zählten Werke zur Familie Quandt, zur National-Bank (Essen) sowie zu den Familienunternehmen Freudenberg und Merck. 

 

Jahresvortrag 2020

Prof. Dr. Sandra Richter: Weltliteratur und ihr Markt

Hier wäre ein Bild gewesen...

„Weltliteratur“ ist ein Phänomen: etwas, das offenbar besonders lesenswert und zugleich global erfolgreich ist. Kultur und Markt gehen hier, so scheint es, Hand in Hand. Aber stimmt diese Diagnose historisch und aktuell? Was ist überhaupt Weltliteratur? Prof. dr. Sandra Richter beleuchtete zunächst ausgehend von Goethes Gebrauch des Begriffs der Weltliteratur verschiedene Stadien ihrer Konjunktur und untersuchte dabei vor allem den Einfluss des Marktes auf die Verbreitung der nach Goethe sogenannten Weltliteratur. Dabei kommen sowohl Verlage und Vertriebswege als auch die Akteure in den Blick, die in Literaturgeschichten oft keine Rolle spielen: die Übersetzer, Kritiker und Leser von Literatur, die deren Verbreitung oft erst ermöglichen oder befördern. Sie machen Romane, Dramen oder Gedichte zu Weltliteratur, indem sie ihr eine andere Sprache verleihen, sie öffentlich diskutieren, vielleicht auch empfehlen, sie kaufen, lesen, aufführen und dem kulturellen Gedächtnis erhalten.

Besonders bedeutsam für dieses Gedächtnis sind die Archive, so Sandra Richter. Im Deutschen Literaturarchiv Marbach findet sich auch, was unter Weltliteratur fällt. Zugleich bewahrt es, was diese erst produzierte: Verlagsarchive beispielsweise, an denen sich das ‚Making of‘ der Weltliteratur ablesen lässt. Die Platzierung im Verlagsprogramm etwa ist bedeutsam, weil Verlage schon auf diese Weise signalisieren, welche Texte sie für besonders wichtig halten. Mustert man Bestände wie diejenigen des Deutschen Literaturarchivs und verfolgt die Geschichte der Weltliteratur, lassen sich tatsächlich Überlegungen darüber anstellen, warum manche Werke Weltliteratur wurden und manche nicht, obwohl sie es verdient hätten. Gibt es etwas in Werken, das Leser weltweit interessiert und anderes, was zu spezifisch ist? Oder verhält es sich gerade umgekehrt?

Der deutsche Buchmarkt, der im Vormärz auf 14.000 Neuerscheinungen pro Jahr kam, war ein wichtiger Treiber des Demokratieprozesses. Verlage setzten sich seit dem späten 17. Jahrhundert unter schwierigsten Bedingungen erst allmählich durch. Dazu gehört auch die „Zensur“, die in Deutschland über Jahrhunderte den Buchmarkt beeinflusste und auch Weltliteratur aus Deutschland fernhielt.

"Das Westfälische Wirtschaftsarchiv hat jüngst das 300 Jahre zurückreichende Verlagsarchiv von Aschendorff in Münster übernommen. Die Entwicklung von Aschendorff, dem Mutterverlag von Annette von Droste-Hülshoff, ist ein gutes Beispiel für den dauernden Kampf gegen politische Unterdrückung durch den absolutistischen Obrigkeitsstaat, die Napoleonische Besatzung, Bismarcks Kulturkampf und schließlich dem nationalsozialistischen Meinungsterror“, so Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs und Geschäftsführer der GWWG in der an den Vortrag anschließenden lebhaften Diskussion.

Zur Referentin

Sandra Richter, geboren 1973 in Kassel, studierte Germanistik, Politikwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie in Hamburg. Sie habilitierte sich 2003 mit einer Arbeit über „Poetiken. Poetologische Lyrik, Poetik und Ästhetik von Novalis bis Rilke“. Gastprofessuren führten sie u.a. nach Paris, London, Harvard, Pennsylvania und Peking. Seit 2008 ist sie Visiting Senior Research Fellow am King’s College London und lehrt ebenfalls seit 2008 als Professorin für Neuere deutsche Literatur an der Universität Stuttgart. 2019 wurde sie Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Sandra Richter erhielt zahlreiche Preise, u.a. 2005 den Heinz Maier-Leibnitz-Preis. Zuletzt erschien ihr Buch „Eine Weltgeschichte der deutschsprachigen Literatur“ (2017).

Zum Marbacher Archiv

Die kulturhistorisch wertvolle und einzigartige Handschriften-Sammlung des Marbacher Archivs enthält mehr als 1.400 Nach- und Vorlässe von Alfred Andersch bis Carl Zuckmayer; aber nicht nur Handschriften von Schriftstellern, darunter natürlich auch Friedrich Schiller, werden hier verwahrt; dort finden sich u. a. die Philosophen Martin Heidegger, Arnold Gehlen oder Karl Jaspers ebenso wie die Literaturwissenschaftler Käte Hamburger und Hans Robert Jauß

Jahresvortrag 2019

Prof. Dr. Herfried Münkler: Der Dreissigjährige Krieg und seine Folgen für die Ordnung Europas

Hier wäre ein Bild gewesen

Kriege vom Typus „Dreißigjähriger Krieg“ unterscheiden sich von klassischen Staatenkriegen nicht nur durch ihre lange Dauer, sondern auch darin, dass in ihnen Staatenkrieg und Bürgerkrieg, äußerer und innerer Krieg zusammenfließen. Obendrein war der Krieg von 1618-1648 ein Konfessionskrieg sowie ein Hegemonialkrieg. Die im Frieden von Münster und Osnabrück durchgesetzte Ordnung folgte dem Imperativ, eine solche Überlagerung von Kriegstypen in Zukunft zu verhindern, was ihr auch im Wesentlichen gelang. Inzwischen ist die Westfälische Ordnung jedoch zu Ende gegangen, und wir beobachten an der europäischen Peripherie wieder Krieg vom Typus „Dreißigjähriger Krieg“. Was also können wir aus einer sorgfältigen Beschäftigung mit der Zeit von 1618-1648 für Gegenwart und Zukunft lernen? Diesen Thesen und Fragen ging Professor Dr. Herfried Münkler am Mittwochabend vor über 300 Zuhörern im prall gefüllten Großen Saal der IHK zu Dortmund nach.

IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann stellte fest, dass es der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG) wieder einmal gelungen sei, die prominente Liste ihrer Redner, die bis 1953 zurückreicht, um eine weitere Persönlichkeit zu bereichern. „Der Jahresvortrag der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte ist zu einer auch überregional hoch geschätzten Veranstaltung geworden. Sie ist zugleich Gradmesser dafür, wie intensiv das Wirken des Westfälischen Wirtschaftsarchivs und seiner Fördergesellschaft in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Und auch weit über Dortmund und Westfalen hinaus,“ so Dustmann. 

Der Vorsitzende der GWWG Joachim Punge freute sich über die überwältigende Resonanz und stellte das beeindruckende wissenschaftliche Werk von Herfried Münkler vor. Herfried Münkler hatte bis zum Herbst 2018 den Lehrstuhl „Theorie der Politik“ an der Humboldt-Universität in Berlin inne und ist ein vielgefragter Interviewpartner der Medien. „Ihre Theorie der ‚neuen Kriege‘ ist mittlerweile ein Klassiker. Die Lektüre Ihrer Bücher ist immer ein intellektueller Genuss und man kann durch die Zusammenschau von Vergangenheit und Gegenwart viel für die Gestaltung der Zukunft lernen,“ so Punge.

Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs und Geschäftsführer der Gesellschaft, lenkte in der lebhaften Diskussion mit Blick auf den zurückliegenden 52. Deutschen Historikertag in Münster, auf dem auch eine wissenschaftliche Neubewertung der Friedensschlüsse von 1648 diskutiert wurde, auf die Frage, ob das System der kollektiven Sicherheit, das der Westfälische Friede schuf, heute als Vorbild für den Friedensprozess im Nahen Osten dienen kann.

Zum Referenten
Herfried Münkler hatte von April 1992 bis September 2018 den Lehrstuhl Theorie der Politik an der Humboldt-Universität zu Berlin inne. Nach dem Studium der Politikwissenschaft, Philosophie und Germanistik wurde er 1981 an der Johann Wolfgang von Goethe-Universität Frankfurt am Main promoviert und habilitierte sich 1987 im Fach Politikwissenschaft. Seit 1993 ist er Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Politische Theorie und Ideengeschichte, Politische Kulturforschung, Theorie und Geschichte des Krieges sowie Risiko und Sicherheit als sozio-politische Kategorien. Für sein Buch „Die Deutschen und ihre Mythen“ erhielt er 2009 den Preis der Leipziger Buchmesse. Sein letztes Werk „Der Dreißigjährige Krieg“ erregte großes Interesse in Medien und Öffentlichkeit.

Jahresvortrag 2018

Prof. Dr. Magnus Brechtken: Von Fabeln und Fakten - Albert Speer als Nationalsozialist und Erinnerungskonstrukteur

Hier wäre ein Bild gewesen...

Am 5. März 2018 war der renommierte Historiker Prof. Magnus Brechtken bei der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e. V. (GWWG) zu Gast. Brechtken, der für seine soeben erschienene Biografie zu Albert Speer mit dem Sachbuchpreis des NDR 2017 ausgezeichnet wurde, sprach im prallgefüllten Saal der IHK zu Dortmund  über „Albert Speer als Nationalsozialist und Erinnerungskonstrukteur“.

Prof. Magnus Brechtken ist stellvertretender Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin. Er studierte Geschichte, Politikwissenschaften und Philosophie, wurde 1994 in Bonn promoviert und habilitierte sich 2002 im Fach Neuere und Neueste Geschichte an der LMU München. Von 2002 bis 2012 lehrte er „European Studies” bzw. „German History and Politics” an der University of Nottingham. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte des Nationalsozialismus, des Antisemitismus, der Vergangenheitsaufarbeitung und der internationalen Beziehungen.
Der multimediale Vortrag zeigte eindrücklich wie es Speer nach der Haftentlassung 1966 gelang, seine zentrale Rolle im NS-Staat als Architektur-Manager, Rüstungsorganisator und Mitbetreiber der NS-Rassenpolitik in eine Figur umzuwandeln, die sich als verführter Bürger, unpolitischer Technokrat und fleißiger Fachmann darstellte. In Deutschland wie auch international war Speer bald ein gern gesehener Gast und der wohl am häufigsten zitierte Zeitzeuge für den Nationalsozialismus. Prof. Brechtken erklärte anschaulich die Techniken der Verbreitung dieser konstruierten Legenden und die Vermarktung eines vermeintlich ehrlichen Bekenners. Durch mediale Inszenierungen in Interviews und Fernsehauftritten sowie mit Hilfe des Verlegers Wolf Jobst Siedler und des Publizisten Joachim Fest distanzierte sich Speer öffentlich von seiner Vergangenheit und trat vermehrt als mahnender Berichterstatter und höchste Deutungsinstanz auf. Millionen Deutsche ließen sich blenden von dem „Edelnazi mit Reue-Garantie“, hörten und lasen seine herausgebrachten Schriften gern, um sich selbst zu entschulden, so Brechtken. Selbst die Fachwissenschaft blieb unkritisch. Brechtken räumt nun durch einen tiefen Blick in die Quellen mit der „Fabel“ Speer auf.
Auch im Westfälischen Wirtschaftsarchiv werden wichtige Quellen zu Albert Speer verwahrt. Sein Großvater, der Architekt Berthold Speer, war Inhaber der 1870 gegründeten Brauerei Berthold Speer & Co. (später Victoriabrauerei). 1920 wurde diese von der Dortmunder Union-Brauerei übernommen und die Familie Speer dadurch ein bedeutender Aktionär der DUB. Speers Vater zog bis zu seinem Tod im März 1947 in deren Aufsichtsrat ein. „Die im Nachlass von Felix Eckardt, dem damaligen europäischen Bierkönig, erhaltenen Briefwechsel dokumentieren die gezielten Versuche Albert Speers zu seiner beruflichen und gesellschaftlichen Wiedereingliederung, wobei die DUB und dessen Generaldirektor Felix Eckhardt mehr als behilflich waren“ betonte WWA-Direktor Dr. Karl-Peter Ellerbrock in seiner Einführung.
 
Zum Referenten
Magnus Brechtken ist stellvertretender Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin. Er studierte Geschichte, Politikwissenschaften und Philosophie, wurde 1994 in Bonn promoviert und habilitierte sich 2002 im Fach Neuere und Neueste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Von 2002 bis 2012 lehrte er „European Studies” bzw. „German History and Politics” an der University of Nottingham. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Geschichte des Nationalsozialismus, des Antisemitismus, der Vergangenheitsaufarbeitung und der internationalen Beziehungen. Sein jüngstes Werk über Albert Speer erregte großes Interesse der Fachwissenschaft sowie der Medien und erhielt den Sachbuchpreis des NDR 2017.

Jahresvortrag 2017

Prof. Dr. Bénédicte Savoy: Wem gehört die Schönheit? „Kunst als Beute“

Hier wäre ein Bild gewesen...

Mit der Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy konnte IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann bereits den 5. Preisträger des renommierten Leibniz-Preises, dem wichtigsten deutschen Wissenschaftspreis, in der traditionsreichen Vortragsreihe begrüßen. Der reich bebilderte Vortrag zeigte eindrücklich, dass nicht nur im 20. Jahrhundert flächendeckend Kunstraub betrieben wurde. Auch in der Antike, dem Dreißigjährigen Krieg und der Napoleonischen Zeit wurden Tausende von Kulturobjekten – von Büchern, Kunstwerken bis hin zu Archivalien – verschleppt. Bénédicte Savoy thematisierte die kulturhistorische Bedeutung dieser massiven und nicht rückgängig gemachten Aneignung von Kulturgütern fremder Völker und gab tiefgreifende Antworten auf spannende Fragen: Wem gehört die Schönheit? Gibt es nationalen Kulturbesitz? Oder sind vielleicht die Museen und Länder, die von den massiven Verlagerungen von Kulturerbe profitieren, nicht die provisorischen Hüter eines gemeinsamen Erbes der Menschheit geworden? Die anschließende Diskussion wurde vom Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs, Dr. Karl-Peter Ellerbrock, moderiert. Er ging unter anderem näher auf die historischen Vorgänge bei der Plünderung und Zerstörung des Pekinger Sommerpalastes durch britische und französische Truppen im Jahre 1860 ein und lenkte dabei den Blick auf das aktuelle Thema der bewussten massenhaften Zerstörung von Kulturobjekten in kriegerischen Auseinandersetzungen. Er nannte konkret die jüngsten Verwüstungen durch die Taliban oder den Islamischen Staat und stellte die Frage, ob es sich dabei um vergleichbare Handlungsmuster handelt wie beim Phänomen „Kunst als Beute“.

Zur Referentin
Frau Prof. Dr. Bénédicte Savoy, die ihren wissenschaftlichen Mittelpunkt in Paris und Berlin gefunden hat, ist Professorin für Kunstgeschichte der Moderne am Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik an der TU Berlin. Sie beschäftigt sich in ihren Forschungsvorhaben unter anderem intensiv mit dem Themenkomplex globaler Kunstraub, Kunstmarkt und Provenienz. 2013 wurde die Wissenschaftlerin „Ritter des nationalen Verdienstordens“ in Frankreich und 2015 Preisträgerin des „Prix du Rayonnement de la langue et de la littérature française“ der Académie française. Jüngst ist sie an das Collège de France berufen worden. Savoy war auch an der im Jahr 2010 in der Kunsthalle Bonn zu sehenden Ausstellung „Napoleon und Europa. Traum und Trauma“ beteiligt. Unter anderem veröffentlichte die Wissenschaftlerin: Kunstraub. Napoleons Konfiszierungen in Deutschland und die europäischen Folgen (2010); Nofretete, eine deutsch-französische Affäre, 1913-1931 (2011); Tempel der Kunst. Die Geburt des öffentlichen Museums in Deutschland 1701-1815 (2015).
 
  

Jahresvortrag 2016

Prof. Dr. Wilfried Reininghaus: „Wie modern war Westfalens Wirtschaft im Jahr 1800? – Der regionale Pfad der Industrialisierung“

Hier wäre ein Bild gewesen...

Das Jahr 2016 ist für das Westfälische Wirtschaftsarchiv (WWA) in Dortmund ein ganz besonderes Jahr, denn es wird 75 Jahre alt. Dies nahm die Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG), der Förderverein des Westfälischen Wirtschaftsarchivs, zum Anlass, ein Thema zur westfälischen Wirtschaftsgeschichte in den Mittelpunkt ihres traditionellen Jahresvortrags zu stellen, das sich aus den Quellen des Archivs speist. Mit Prof. Dr. Wilfried Reininghaus gelang es, nicht nur einen hervorragenden Kenner der Materie, sondern zugleich einen „alten Bekannten“ für den Vortrag zu gewinnen; schließlich wirkte Reininghaus selbst von 1982 bis 1996 im WWA, zuletzt als Direktor. In seinem Vortrag zeichnete Reininghaus, ausgehend von einem (fiktiven) Gespräch Iserlohner Unternehmer zu Silvester 1800, den Entwicklungsstand und die Potentiale der westfälischen Wirtschaft für den Eintritt in die „Moderne“ nach. Anschließend unterzog er diese dann in der Manier von Frank Plasberg einem kritischen „Fakten-Check“, der offenbarte, dass die vorhandenen Potentiale erst mit dem Durchbruch zum Industriezeitalter 1840/50 zur vollen Entfaltung kamen. In der anschließenden, lebhaft geführten Diskussion lenkte WWA-Direktor Dr. Karl-Peter Ellerbrock den Blick vor allem auf die mentalen Barrieren gegen Fortschritt. „Der märkische Unternehmer war eher abwägend, beharrend und innovationsfeindlich. Der ‚dynamische Neuerer' im Schumpeterschen Sinne prägte in Westfalen noch längst nicht den Mainstream", so Ellerbrock. Diskutiert wurde auch, welche Rolle der Wandel der Wirtschaftsordnung spielte und die Frage, ob Westfalen überhaupt als einheitlicher Wirtschaftsraum betrachtet werden könne.

Zum Referenten
Prof. Dr. Wilfried Reininghaus studierte Volkswirtschaftslehre und Geschichtswissenschaft in Münster. Von 1982 bis 1996 arbeite er im Westfälischen Wirtschaftsarchiv, dessen Direktor er seit 1992 war. Von 1996 bis 2003 leitete er das Staatsarchiv Münster, bevor er anschließend von 2004 bis 2013 als Gründungspräsident des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen amtierte. Ebenfalls seit 2004 ist er 1. Vorsitzender der Historischen Kommission für Westfalen. Aus der Vielzahl seiner Veröffentlichungen zur regionalen Wirtschaftsgeschichte seien an dieser Stelle stellvertretend „Die Entstehung der Gesellengilden im Spätmittelalter“ und „Die Stadt Iserlohn und ihre Kaufleute (1700 – 1815)“ genannt.
 
 

Jahresvortrag 2015

Prof. Dr. Norbert Frei: 1945 als Ende und Anfang

Hier wäre ein Bild gewesen

Vor 70 Jahren, am 8. Mai 1945, endete der Zweite Weltkrieg und die Herrschaft der Nationalsozialisten. Dies nahm die Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG), Förderverein des Westfälischen Wirtschaftsarchivs (WWA), zum Anlass, zu ihrem traditionellen Jahresvortag Prof. Dr. Norbert Frei von der Universität Jean einzuladen, der vor über 200 Zuhörern im prall gefüllten Vortragssaal des Westfälischen Industrieklubs über das Epochenjahr 1945 und seine doppelte Bedeutung als Ende und Anfang referierte.

Joachim Punge, Vorsitzender der GWWG und zugleich Vorsitzender des Westfälischen Industrieklubs, wies in seiner Einführung darauf hin, dass das Thema Nationalsozialismus in der Arbeit des WWA und Gesellschaft einen besonderen Stellenwert einnimmt. So referierten in der Vergangenheit so renommierte Historiker wie Karl Dietrich Bracher, Hans-Ulrich Thamer, Arnulf Baring und Hans Mommsen zu diesem Thema. WWA und GWWG, so Punge, „sind aber auch selbst ‚Kinder‘ der Kriegs- und Nachkriegszeit.“ Das Westfälische Wirtschaftsarchiv wurde 1941 als Abteilung der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund gegründet und vorrangiges Ziel war es, das wertvolle historische Schriftgut der Wirtschaft vor den näher rückenden Bombeneinschlägen der Alliierten zu schützen. Und die GWWG wurde 1950 ebenfalls von der Dortmunder IHK gegründet, um „das Vakuum im westfälischen wirtschaftsgeschichtlichen Bewusstsein auszufüllen und zu helfen, die Sinn- und Wertekrise nach dem Zusammenbruch von Hitler-Deutschland zu überwinden.“
IHK-Präsident Udo Dolezych betonte in seinem Grußwort, dass die IHK zu Dortmund eine offene Erinnerungskultur pflegt und anlässlich des IHK-Jubiläums zum 150-jährigen Bestehen vor zwei Jahren auch ihre Geschichte im Dritten Reich ohne „wenn“ und „aber“ aufgearbeitet hat. Mit Blick auf den Vortrag sagte er: „Aus Geschichte lernen heißt, dass wir versuchen müssen, auf unsere drängenden Fragen der Gegenwart Antworten zu finden. Wie wollen wir Deutschen, wir Europäer, wir alle, die ihr Leben in Freiheit, Toleranz und Demokratie leben möchten, uns vor radikalen Ideologien schützen?“
Nobert Frei entwarf in seinem Vortrag ein Panorama des Epochenjahres 1945 und fragte gezielt nach der Bedeutung des 8. Mai 1945 für unsere Gegenwart. Dabei legte er elementare Erinnerungen 1945 frei, ob die menschenverschlingende Härte der letzten Kämpfe, die Raserei, Verbrechen und Gewalt, das Grauen in den aufgelassenen Konzentrationslagern, die Todesmärsche, Flüchtlingstrecks und zerstörte Städte, oder aber auch die Erinnerungen an selbstlose Hilfe, an übermächtige Erschöpfung und explodierende Lebenslust, an die Tränen der Enttäuschten und an das stille Glück der Davongekommenen.
In der anschließenden, lebhaft geführten Diskussion betonte WWA-Direktor Dr. Karl-Peter Ellerbrock dass das Westfälische Wirtschaftsarchiv zahllose wissenschaftliche Projekte, besonders Dissertationen und Habilitationen, zunehmend aber auch heimatgeschichtliche Forschungen zum Dritten Reich, betreut und unterstützt hat. „Dabei standen in den letzten Jahren vor allem die Themen Arisierung und Zwangsarbeit im Mittelpunkt des Interesses.“ Das WWA hat in einer eigenen Pilotstudie die Aufarbeitung der westfälischen Kammern im Dritten Reich vorangetrieben, die Vorbild für weitere Forschungen ist. „Geschichte“, so Ellerbrock, „hat derzeit Hochkonjunktur. Nachdem schon 2014 der Erste Weltkrieg besondere Beachtung fand, wird 2015 die Erinnerung an das Epochenjahr 1945 im Blickpunkt der weltweiten Öffentlichkeit stehen.“
 
Zum Referenten
Prof. Dr. Norbert Frei studierte Politikwissenschaft, Neuere Geschichte und Kommunikationswissenschaft in München, wo er auch eine Redakteursausbildung an der Deutschen Journalistenschule absolvierte. 1979 ging er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter ans Institut für Zeitgeschichte in München und habilitierte sich 1995 in Bielefeld. 1997 folgte er einem Ruf auf den Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum, seit 2005 lehrt er an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und ist doch zugleich Leiter des Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts. Gastprofessuren und Fellowships führten ihn unter anderem nach Harvard, Princeton, an die New School in New York, nach Jerusalem und ans Wissenschaftskolleg zu Berlin. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen vor allem "Der Führerstaat. Nationalsozialistische Herrschaft 1933 bis 1945" (1987, erweiterte Neuausgabe 2013), "1945 und wir. Das Dritte Reich im Bewusstsein der Deutschen" (2005) sowie "Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik" (2010).
 
  

Jahresvortrag 2014

Prof. Dr. Hans Ulrich Gumbrecht: Nationale Stilarten im Fußball. Reflexionen zur Ästhetik des Sports am Beispiel Südamerikas

Prof. Gumbrecht

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von der Philosophie Immanuel Kants zu den Fans auf der Dortmunder Südtribüne: Diesen Bogen spannte Prof. Dr. Hans Ulrich Gumbrecht am Montagabend beim Jahresvortrag der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG), dem Förderverein des Westfälischen Wirtschaftsarchivs (WWA). Der renommierte Kulturwissenschaftler von der Stanford University/USA referierte vor rund 300 interessierten Zuhörern im großen Saal der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund über „nationale Stilarten im Fußball“. Nach einer philosophischen und gesellschaftstheoretischen Einführung verglich Gumbrecht wesentliche Entwicklungsstränge und Merkmale des Fußballs in Brasilien, Chile, Argentinien und Uruguay seit den 1920er Jahren. Er kam zu dem Ergebnis, dass es nicht „den südamerikanischen Fußball“ gibt, sondern ebenso verschiedene nationale Stilarten wie in Europa, die er am Beispiel Brasiliens sogar zu einer Nationalgeschichte verdichtete. Seine These untermalte er mit ausgesuchtem Filmmaterial, darunter Aufnahmen des ersten interkontinentalen Fußballspiels bei Olympia 1924 in Paris, als Uruguay olympisches Gold erspielte.

Joachim Punge, Vorsitzender der GWWG und Vizepräsident der IHK, verriet bei der Begrüßung, dass mit Hans Ulrich Gumbrecht nicht nur ein ausgewiesener Kenner des südamerikanischen Fußballs den Weg aus dem kalifornischen Stanford nach Dortmund gefunden hat, sondern dass er außerdem ein bekennender BVB-Anhänger ist: „Es ist für uns eine besondere Ehre, Sie am heutigen Abend als Redner begrüßen zu können. Das Thema Sport spielt hier bei uns in der westfälischen Metropole Dortmund eine besondere Rolle. Ich denke dabei nicht nur an Fußball, sondern auch an Leichtathletik, den Reit- und Pferdesport, an Handball und – nicht zu vergessen – an unseren Gold-Achter.“
Gumbrecht zog sogar verblüffende Parallelen zu den Fans auf der BVB-Südtribüne. Letztlich ging es ihm um die Frage, worin eigentlich die Faszination des Sports besteht: „Es ist definitiv nicht der Erfolg einer Mannschaft oder die Identifikation mit dem Gewinn. Wesentlicher ist das Spiel als eine ästhetische Erfahrung für die Zuschauer. Nicht nur ein Tor, sondern primär ein schöner Spielzug begeistert.“ In der anschließenden Diskussion stellte sich heraus, dass Gumbrecht mit seiner theoretischen Betrachtung des Fußballspielens nicht nur die anwesenden Fußballliebhaber begeisterte, sondern auch bei „Nicht-Fans“ auf großes Interesse gestoßen ist. Selbst für die wissenschaftliche Forschung gab es Anregungen: „Der vernachlässigte Bereich der Sportgeschichte sowie eine integrierte Kultur-, Sozial- und Politikgeschichte haben durch Ihren Vortrag wichtige Impulse bekommen“, resümierte WWA-Direktor Dr. Karl-Peter Ellerbrock.
 
Zum Referenten
Hans Ulrich Gumbrecht, geb. 1948, studierte Romanistik, Germanistik, Philosophie und Soziologie in München, Regensburg, Salamanca/Spanien und Pavia/Italien. Nach seiner Habilitation 1974 nahm er von 1975-1982 Professuren an der Ruhr-Universität in Bochum und von 1983-1989 an der Universität Siegen wahr. Er war Gastprofessor an zahlreichen ausländischen Universitäten, ist „Professeur attaché“ am Collège de France, Mitglied der American Academy of Arts and Sciences und trägt acht Ehrendoktortitel in fünf Ländern. Seit 1989 ist er „Albert Guérard Professor in Literature“ an der Stanford University/USA. Gumbrecht ist Autor von 39 Monographien und Herausgeber von 33 weiteren Büchern. Aus der Vielzahl seiner Publikationen seien die beiden jüngeren Arbeiten „Nach 1945. Latenz als Ursprung der Gegenwart“ (2012) und „Explosionen der Aufklärung. Diderot, Goya, Lichtenberg, Mozart“ (2013) erwähnt, außerdem, mit Blick auf das Thema des Vortrags, sein Werk „In Praise of Athletic Beauty“ (2006, dt. Übersetzung bei Suhrkamp 2005). Gumbrecht schreibt regelmäßig für die Frankfurter Allgemeine Zeitung und für die Neue Zürcher Zeitung.
 
 
 

Jahresvortrag 2013

Prof. Dr. Jan Assmann: Totale Religion - Über den Zusammenhang von Politik, Monotheismus und Gewalt

Hier wäre ein Bild gewesen...

Moderne Gesellschaften erleben heute immer wieder Gewalt, die im Namen Gottes ausgeübt wird. Woher kommt diese Gewalt und was hat sie mit Religion zu tun? Eine Antwort auf diese Frage gab Prof. Dr. Jan Assmann beim Jahresvortrag 2013 der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG), die Förderverein des Westfälischen Wirtschaftsarchivs (WWA) ist. Der Ägyptologe und Kulturwissenschaftler referierte am Donnerstagabend im großen Saal der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund über das Thema „Totale Religion – Über den Zusammenhang von Politik, Monotheismus und Gewalt“.In seinem Grußwort betonte IHK-Präsident Udo Dolezych, dass die drei großen monotheistischen Religionen, das Christen- und Judentum sowie der Islam, sich in ihrer Lehre der Friedfertigkeit verpflichtet hätten. Allerdings vergehe keine Nachrichtensendung, ohne dass über religiös motivierte Gewalt berichtet werde.  Das betreffe alle Religionen. Dolezych verwies dabei auf Nordirland, Palästina und Israel. Der politisierte Islam mit seinen radikalen Fundamentalisten sei sicherlich am präsentesten. Er begegne uns immer wieder in Afghanistan, im Nahen Osten, ganz  aktuell in Mali – aber auch vor unserer eigenen Haustür. Man müsse sich die Frage stellen, aus welchem Grund sich Teile von Religionsgesellschaften derart radikalisiert hätten. „Erwächst die Gewalt letztlich aus den Religionen selber? Aus ihrem Alleingültigkeitsanspruch? Oder werden die Religionen für politische Zwecke missbraucht?“ fragte Dolezych.In Lessings „Nathan, der Weise“ werde den drei Religionen der Ring der Wahrheit vorgehalten. Schon als Schüler sei er fasziniert gewesen von dieser Botschaft von Verständnis und Toleranz. Leider habe der Terrorangriff in New York 2001 deutlich gemacht, dass ein friedliches, sich tolerierendes Zusammenleben der drei monotheistischen Weltreligionen wohl nur schwer möglich sei.Dolezych hob weiter die Bedeutung der traditionellen Veranstaltungsreihe hervor. „Die Jahresvorträge sind einer der kulturellen Höhepunkte zum Jahresauftakt in unserer Region.“ Er stellte die Verbindung zwischen der Arbeit des WWA und dem Jubiläumsjahr der IHK her, die 2013 ihr 150-jähriges Bestehen feiert. Zum Festakt am 11. Juni wird Bundespräsident Joachim Gauck erwartet. Dolezych würdigte das WWA als Gedächtnis der regionalen Wirtschaft und erinnerte an die Anfänge der Kammergeschichte, die ihren Ursprung in einer Zeit der wirtschaftlichen Umbrüche hatte. Tatkräftige Männer wie der erste Kammerpräsident Wilhelm Overbeck hatten die Möglichkeiten, die ihnen die  Industrialisierung bot, genutzt und damit der Wirtschaft und der Stadt Dortmund ihren Stempel aufgedrückt. In seinem Vortrag griff Prof. Assmann auf den Begriff des „Ernstfalls" zurück. Dabei drehte er die positivistische Staatsrechtslehre Carl Schmitts, eines Vordenkers des NS-Staates, vom totalen Staat als Erklärung für die Eskalation von Gewalt im Namen der Religion geradezu um: „Die radikalste Form des religiösen Ernstfalls ist die Weltuntergangsvorstellung, und zwar nicht als Naturkatastrophe, sondern als göttliche Generalabrechnung beim Jüngsten Gericht.“ Auf einer höheren Abstraktionsebene stellte Prof. Assmann die Polarisierung von Freund und Feind, von Gut und Böse, als gemeinsames Merkmal der monotheistischen Offenbarungsreligionen heraus. „Gewalt und Intoleranz werden somit zu einem Kennzeichen der totalen Religion“, resümierte Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs, in der anschließenden Diskussion.Das Thema Gewalt und Religion trifft bei der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG) auf besonderes Interesse. „Es vergeht seit Jahren kein Tag, an dem nicht erschütternde Nachrichten über die Eskalation von Gewalt im Zeichen religiöser Überzeugungen zu uns dringen. Wir haben uns bereits wiederholt diesem Thema angenähert. Ich erinnere an den Vortrag der Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer im Jahr 2006 über die Beziehung zwischen der islamische Welt und Europa. Ein Jahr später referierte die Historikerin Luise Schorn-Schütte über die religiösen Grundlagen politischer Normen im frühneuzeitlichen Europa. Wir freuen uns, dass Jan Assmann den Themenkomplex noch einmal aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet“, so Joachim Punge, Vorsitzender der GWWG und Vize-Präsident der IHK zu Dortmund.

Zum Referenten
Jan Assmann studierte Ägyptologie, Archäologie und Gräzistik in München, Heidelberg, Paris und Göttingen. Nach seiner Tätigkeit am Deutschen Archäologischen Institut in Kairo habilitierte er sich 1971 und war von 1976 bis zu seiner Emeritierung 2003 Professor für Ägyptologie in Heidelberg. Er ist mehrfacher Ehrendoktor und Träger bedeutender Auszeichnungen wie des Deutschen Historikerpreises (1989) oder des Max-Planck-Forschungspreises (1996) sowie Mitglied in bedeutenden wissenschaftlichen Vereinigungen. Unter seinen zahlreichen Veröffentlichungen sind besonders zu nennen: Das kulturelle Gedächtnis – Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen (1992); Monotheismus und Kosmotheismus. Ägyptische Formen eines „Denkens des Einen“ und ihre europäische Rezeptionsgeschichte (1993); Die Mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus (2003).
 

Jahresvortrag 2012

Prof. Dr. Werner Plumpe: Die gegenwärtige Wirtschaftskrise in historischer Perspektive

Prof. Plumpe

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In der öffentlichen Diskussion nach Ausbruch der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 wurde immer wieder auf Ähnlichkeiten mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 hingewiesen. Solche Parallelen wies der Historiker Prof. Dr. Werner Plumpe, Goethe-Universität Frankfurt am Main, beim traditionellen Jahresempfang der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG) energisch zurück. Rund 400 Gäste waren am 31. Januar 2012 in den Großen Saal der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund gekommen, um mehr über Wirtschaftskrisen und Spekulationen in Geschichte und Gegenwart zu erfahren.

„Im Vergleich zum wirtschaftlichen, politischen und auch sozialen Katastrophenjahr 1929 erscheinen mir die Auswirkungen der aktuellen Finanzkrise bei einem Wirtschaftswachstum von 3 % und tendenziell sinkenden Arbeitslosenzahlen weitaus weniger dramatisch“, bemerkte der Vorstandsvorsitzende der GWWG und Vizepräsident der IHK zu Dortmund, Joachim Punge, bereits bei seiner Begrüßung und Werner Plumpe bestätigte dies während seines Vortrags: „Die vergangene Krise war kein wirtschaftlicher Zusammenbruch, sondern vielmehr ein durch das Platzen der Immobilienblase verstärkter konjunktureller Abschwung und Ausdruck des normalen ökonomischen Strukturwandels.“ Im Gefolge der Wirtschaftskrise verschlechterten sich allerdings die Refinanzierungsbedingungen für jene Staaten, die unter hohen Schulden und Leistungsbilanzdefiziten litten und leiden. „Im Rahmen des Euro wurde aus der Staatsschuldenkrise dann rasch eine Krise des Euroraums, die wiederum historische Parallelen in den Krisen des Goldstandards bzw. des Systems fester Wechselkurse nach dem Abkommen von Bretton Woods findet“, führte Plumpe weiter aus. Die Erfahrung lehre, dass Währungsordnungen keineswegs nur vom guten Willen aller Beteiligten abhängen, sondern auch von ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten: „Sind diese zu heterogen, können Währungsordnungen schnell ihre Funktionalität verlieren, ja selbst zu einem Faktor krisenhafter Entwicklungen werden.“
In der abschließenden lebhaften Diskussion stellte Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs, heraus, „dass die gegenwärtige Finanzkrise eine neue historische Dimension erreicht hat, weil sich die Finanzmärkte von der Realwirtschaft weitgehend abgekoppelt haben.“
 
Zum Referenten
Der Westfale Werner Plumpe, 1954 in Bielefeld geboren, begann seine wissenschaftliche Laufbahn an der Ruhr-Universität Bochum. Seit 1999 lehrt er als Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Er ist Mitglied in vielen wissenschaftlichen Vereinigungen und seit 2008 Vorsitzender des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands. Neben der Wirtschafts- und Sozialgeschichte insbesondere des 19. und 20. Jahrhunderts zählen die Entwicklung der industriellen Beziehungen sowie die Geschichte des ökonomischen Denkens und der ökonomischen Theorien zu seinen Forschungsschwerpunkten. Unter seinen zahlreichen Veröffentlichungen sind besonders zu nennen: Vom Plan zum Markt. Wirtschaftsverwaltung und Unternehmerverbände in der britischen Zone (1987); Betriebliche Mitbestimmung in der Weimarer Republik. Fallstudien zum Ruhrbergbau und zur chemischen Industrie (1999); Wirtschaftskrisen. Geschichte und Gegenwart (2010). Zurzeit arbeitet er an einer Studie über den bedeutenden Chemiker und Industriellen Carl Duisberg.

Jahresvortrag 2011

Prof. Dr. Ute Frevert: Vertrauen in der modernen Welt

Prof. Frevert

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„In der Moderne wird Vertrauen wichtiger, aber auch problematischer“, so die Historikerin Prof. Dr. Ute Frevert am Dienstag, 8. Februar 2011 beim Jahresvortrag der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG) in der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund. „Soziale Beziehungen und Begegnungen werden heutzutage immer komplexer und Vertrauen soll vor diesem Hintergrund entscheidungsfähig machen. Allerdings werden andererseits auch die Bedingungen, unter denen sich Vertrauen herstellt, komplizierter.“ Die Aktualität des Themas betonte der GWWG-Vorsitzende Joachim Punge vorab in seiner Einführung: „Der Begriff Vertrauen hat gerade für die Wirtschaft seit dem Ausbruch der Finanzkrise eine besondere Bedeutung erhalten.“ Gefühle – vielmehr deren gesellschaftliche Rahmung und Bewertung – ändern sich im historischen Kontext, das verdeutlichte Frevert ihren rund 350 Zuhörern an verschiedenen Beispielen wie Liebe, Angst, Trauer oder eben Vertrauen. Dabei kritisierte sie den heutigen Vertrauensbegriff, der synonym zu benachbarten Begriffen wie Zuversicht und Verlässlichkeit genutzt wird: „Vertrauen ist eine persönliche Gefühlshaltung zwischen Menschen, die sich nicht auf Institutionen wie Banken oder Versicherungen übertragen lässt. Dieses persönlich-moralische Element ist Alleinstellungsmerkmal und trennt den Begriff Vertrauen von verwandten Wortbedeutungen“, so Frevert. Keine Frage, dass in der anschließenden Diskussion insbesondere die These der Personenabhängigkeit von Vertrauen für reichlich Gesprächsstoff sorgte. „Ihr facettenreicher Vortrag hat alle Teilbereiche des Vierecks Ökonomie, Kultur, Vertrauen und Moral berührt und sehr deutlich gemacht, dass das Verhältnis und die Bewertung der einzelnen Kategorien in der heutigen Zeit durcheinander geraten sind“, betonte Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Geschäftsführer der GWWG und Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs. Es sei deutlich geworden, dass Wirtschaft nicht im ökonomischen Reinraum stattfindet, sondern ein Kulturphänomen mit einer emotionalen Komponente ist. „Die jüngste Finanzkrise hat gezeigt, wie sehr das Finanz- und Wirtschaftssystem durch den Verlust von Vertrauen bedroht ist“, so Ellerbrock.

Zur Referentin
Ute Frevert, Jahrgang 1954, studierte an den Universitäten Münster und Bielefeld sowie an der London School of Economics. Nach der Habilitation 1989 war sie Professorin für Neuere und Neueste Geschichte in Berlin, Konstanz und Bielefeld und von 2003 bis 2007 Professorin für Deutsche Geschichte an der Yale University/USA. Seit 2008 ist sie Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Sozial- und Kulturgeschichte der Moderne, Geschlechtergeschichte, Neue Politikgeschichte sowie Emotionsgeschichte. 1998 wurde Ute Frevert mit dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ausgezeichnet.

Jahresvortrag 2010

Professor Dr. Karl Schlögel: Terror und Traum: Moskau 1937

Prof. Schloegel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Moskau 1937“ hieß ein Reisebericht, den der Schriftsteller Lion Feuchtwanger nach seiner Rückkehr aus dem Exil in der Sowjetunion veröffentlicht hat. Unter diesem Titel, ergänzt durch den Zusatz „Terror und Traum“, hat Prof. Dr. Karl Schlögel jetzt ein Buch vorgelegt, für das er 2009 den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung bekommen hat. Grund genug für die Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte (GWWG), den renommierten Historiker am 2. Februar als Gastredner für ihren Jahresempfang einzuladen. „Moskau liegt nicht irgendwo, sondern an der Bruchstelle der europäischen Zivilisation“, zitierte der GWWG-Vorsitzende Joachim Punge in seiner Begrüßung aus dem Werk Schlögels.

„1937 war das Jahr der Stalinschen Säuberungen und des Großen Terrors, dem Hunderttausende zum Opfer fielen“, unterstrich Schlögel die Bedeutung des Jahres. Bis heute blieben viele Umstände rätselhaft und viele Fragen unbeantwortet. Den rund 260 Gästen im Großen Saal der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund konnte Schlögel dennoch das Ineinander von entfesselter Gewalt und Alltagsnormalität, von Terror und Utopie, von totaler Willkür und gezielter Tötung als Problem einer Geschichtsschreibung des Stalinismus verständlich machen.
Die historiographische Meisterleistung, die Karl Schlögel mit seinem Buch gelungen ist, betonte der Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs, Dr. Karl-Peter Ellerbrock, zu Beginn der anschließenden Diskussion. Politische Entscheidungsprozesse und gezielte Tötungsaktionen habe Schlögel nicht von Alltag und Lebenswelt jener Jahre isoliert, sondern Ereignisse und Erfahrungsräume authentisch miteinander verknüpft. Das Buch beschreibt Tanzende im Gorki-Park und die Exekutionsorte im Norden der Stadt, beleuchtet das wechselnde Kinoprogramm und die Bewunderung der Menschen für die sowjetischen Flugpioniere. Diese unterschiedlichen Perspektiven werden durch die ungewöhnlich breite Quellengrundlage möglich: Schlögel recherchiert natürlich in Akten, aber ganz bewusst auch in Memoiren, Tagebüchern und Filmen, wertet sogar Adressbücher und Stadtpläne aus. „Insgesamt entsteht so ein ‚Narrativ der Gleichzeitigkeit’, das eben keinen Durchschnitt ermittelt, sondern an einem authentisch Ort Raum und Zeit verknüpft“, hob Ellerbrock die Besonderheit des Buches hervor.
Im Zentrum der anschließenden Diskussion stand die Frage, ob die Erinnerung an die Opfer Stalins zu Beginn des 21. Jahrhunderts nun erneut in Vergessenheit gerät, wenn der Diktator in russischen Geschichtsbüchern wieder als „großer Feldherr“ und „herausragende Persönlichkeit“ beschrieben wird. Schreitet diese Entwicklung voran, dann würden die Toten bereits zum zweiten Mal vergessen. Denn erst nach Ende der Sowjetunion – also Jahrzehnte nach den Stalinschen Säuberungen – konnte die sowjetische Topographie des Terrors überhaupt vermessen, zum ersten Mal Namen und Portraits der bis dahin namenlosen Toten publiziert werden.
 
Zum Referenten
Der Historiker und Publizist Karl Schlögel, Jahrgang 1948, ist Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte Osteuropas an der Europa Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören die Kultur der Moderne im östlichen Europa, die Geschichte des „Stalinismus als Zivilisation“, die Geschichte der Zwangsmigration und Kulturen der Diaspora im 20. Jahrhundert, Stadtgeschichte und Urbanität im östlichen Europa sowie theoretische Probleme einer räumlich aufgeschlossenen Geschichtsschreibung. Für sein aktuelles Buch „Terror und Traum: Moskau 1937“ erhielt Karl Schlögel 2009 den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.

Jahresvortrag 2009

Prof. Dr. Klaus Tenfelde: Bürgerkrieg im Ruhrgebiet 1918-1920

Prof. Tenfelde

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Kämpfe im Ruhrgebiet im März und April 1920 im Anschluss an den Versuch der Kapp-Putschisten in Berlin, die Republik abzuschaffen, gelten als der größte bewaffnete Aufstand in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. In diesen Kämpfen, über deren richtige Bezeichnung noch heute gerungen wird (Arbeiteraufstand, Revolte, Märzrevolution, Ruhrkampf), wurde über den Ausgang der Revolution von 1918 und, vorläufig, über das Schicksal der Weimarer Republik entschieden. Es standen sich nicht nur militärische Kräfte und Freikorps auf der einen, etwa 100 000 bewaffnete Arbeiter (und auch Arbeiterinnen) auf der anderen Seite gegenüber. Vielmehr kämpften Kräfte miteinander, welche das Hergebrachte wieder herstellen, die Errungenschaften der Revolution rückgängig machen oder, unter den Arbeitern, lang propagierte Visionen einer anderen Gesellschaft unter ihrer Herrschaft verwirklichen wollten. Deshalb handelte es sich um einen Bürgerkrieg, der vor allem im Ruhrgebiet, aber auch in Mitteldeutschland ausgefochten wurde.

Mit etwa 1000 Toten auf Seiten der Arbeiter und 600 Toten auf Seiten der „Ordnungskräfte“ wurde dieser Krieg zu einem traumatisierenden Ereignis in der Geschichte des Ruhrgebiets. Eine ungeheure „weiße“, konterrevolutionäre Gewalt entfaltete sich zumal in der Niederschlagung der Roten Ruhrarmee. Immer schon hatte man in Deutschland Unruhen im „Wilden Westen“ befürchtet, hier nun schienen sich alte Ängste zu bewahrheiten. Die Frage, woher diese Gewalt kam, weshalb sich Menschen außerordentlich zahlreich zum bewaffneten Kampf und Gemetzel gegeneinander im selben Land hinreißen ließen, ist bis heute nicht angemessen beantwortet worden. Die Sozialgeschichte sucht Antworten in der prekären Situation der Aufständischen, ihrer begrenzten Erfahrungswelt und einseitigen politischen Sozialisation ebenso wie in der hochproblematischen Konstellation der Militärs und Paramilitärs während der Revolutionszeit, ein Sumpf, aus dem der rechte Radikalismus bis hin zur braunen Machtanmaßung 1933 erwachsen sollte.
Die Erinnerung an den Bürgerkrieg ist durch die Folgeereignisse – die Hyperinflation und die Ruhrbesetzung 1923, die schwere Rationalisierungs- und nachfolgende Weltwirtschaftskrise, 1933 und die Diktatur, den Weltkrieg und den Bombenkrieg, die Trümmerjahre und die Wirtschaftswunderzeiten – überdeckt worden. Sie ist bis heute eine fragmentierte, eine verschüttete Erinnerung geblieben. Dabei hing das Schicksal der Weimarer Republik damals bereits an bis zum Reißen gespannten Fäden. In Deutschland insgesamt ist in jenen Monaten der Gewalt das Ruhrgebiet erstmals als eine ganz andere, in eigenen Wurzeln ruhende Daseins- und Erfahrungswelt wahrgenommen worden. Seither sprach man nicht mehr von einem beliebigen rheinisch-westfälischen Industriegebiet, sondern vom Ruhrgebiet, einer anderen, besonderen Welt.
 
Zum Referenten
Klaus Tenfelde ist Inhaber des Lehrstuhls für Sozialgeschichte und soziale Bewegung an der Ruhr-Universität Bochum, Leiter des dortigen Instituts für soziale Bewegungen und Vorsitzender der Stiftung Bibliothek des Ruhrgebiets. Seine Dissertation „Sozialgeschichte der Bergarbeiterschaft an der Ruhr im 19. Jahrhundert“ ist noch heute ein Standardwerk der Ruhrgebietsforschung. Aus der Fülle seiner wissenschaftlichen Publikationen seien an dieser Stelle nur erwähnt „Arbeiter im Deutschen Kaiserreich“ (zusammen mit Gerhard A. Ritter, 1992) und die „Bilder von Krupp“ (als Herausgeber, 2005).

Jahresvortrag 2008

Christopher Clark: Vergleichsweise besonders? Preußens Weg in der Geschichte
 
„Vergleichsweise besonders? – Preußens Weg in der deutschen Geschichte“ hieß der Jahresvortrag der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e.V. (GWWG) am 22. Januar in der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund. Über 400 Gäste waren zu der traditionsreichen Veranstaltungsreihe gekommen, um von dem australischen Historiker und Beststellerautor Professor Dr. Christopher Clark mehr über die fragliche Existenz eines preußischen Sonderweges zu erfahren. „Die Sonderwegs-These war fruchtbar, weil sich die klügsten Geister damit auseinandergesetzt haben. Und sie erfüllte einen volkspädagogischen Zweck, denn sie ermöglichte es, verschiedene Problemkomplexe wie Militarismus, Gehorsamskult, Autoritätsgläubigkeit über den Begriff Preußen zusammen mit dem Nationalsozialismus in einen Topf zu werfen. Das hat die Entstehung der Bundesrepublik erleichtert. Aber jetzt ist es Zeit, andere Fragen zu stellen und Raum zu schaffen für neue Sichtweisen", so Clark.
IHK-Präsident Udo Dolezych hob bei seiner Begrüßung die Bedeutung der GWWG, die 1952 als Förderverein des Westfälischen Wirtschaftsarchivs (WWA) gegründet worden ist, hervor: „Das WWA ist das ‚Gedächtnis der regionalen Wirtschaft’. Die im Archiv verwahrten historischen Dokumente gehen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Sie spiegeln den permanenten Strukturwandel in den unterschiedlichen Gewerberegionen Westfalens wider. Uns Westfalen beschäftigt heute die hochaktuelle Verwaltungsstrukturreform, zu der wir in der Dortmunder Region ganz anderer Meinung sind als die Landesregierung. Und wir können uns dabei auch auf unsere Geschichte berufen.“
Heinrich Frommknecht, Vorsitzender der GWWG, freute sich, dass die Arbeit der Gesellschaft nicht nur eine positive Resonanz in der wissenschaftlichen Fachwelt sondern auch in der interessierten Öffentlichkeit findet. „Die Auswahl des heutigen Referenten ist uns besonders leicht gefallen. Der Blick in seinen Bestseller ‚Preußen. Aufstieg und Niedergang. 1600 bis 1947’ genügte“, informierte Frommknecht.
 
Zum Referenten
Der gebürtige Australier Christopher Clark lehrt als Professor Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine´s College in Cambridge. Zu seinen Forschungsgebieten zählen neben politischen und kulturellen Fragen die preußische und die deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Er gehört zu den führenden Deutschland-Historikern in der englischsprachigen Welt. Sein Buch „Iron Kingdom. The Rise and Downfall of Prussia 1600-1947“, das 2007 auch in deutscher Übersetzung erschienen ist, stand monatelang auf den Bestsellerlisten und bekam die Auszeichnung „Das historische Buch 2007“ verliehen.

Jahresvortrag 2007

Prof. Dr. Luise Schorn-Schütte: Religion und Politik im frühneuzeitlichen Europa
 
„Religion und Politik. Die Debatte über die religiösen Grundlagen politischer Normen im frühneuzeitlichen Europa“ hieß der Jahresvortrag der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e.V. (GWWG) am 30. Januar 2007 im Großen Saal der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund. 300 Gäste waren zu der traditionsreichen Veranstaltungsreihe gekommen, um von Professorin Dr. Luise Schorn-Schütte, Inhaberin des Lehrstuhls für neuere und allgemeine Geschichte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, mehr über die großen historischen Diskussionen zum Verhältnis von Religion und Politik zu erfahren, die in Europa vom 16. bis zum 20. Jahrhundert geführt wurden.
Die Referentin zeigte auf, in welcher Intensität sich christliche Politikvorstellungen bis ins 20. Jahrhundert gehalten haben: „Die Forderung der Reformatoren des 16. Jahrhunderts nach einer christlichen Obrigkeit, der ganz bestimmte Pflichten zugewiesen wurden, prägten sowohl die Debatten um ein europäisches Völkerrecht im 17. Jahrhundert als auch die vieldiskutierten Überlegungen des Thomas Hobbes, der eine Unterordnung der Religion unter die Politik rechtfertigte.“ Auch bei der nordamerikanischen Unabhängigkeitserklärung und der französischen Erklärung der Menschenrechte seien die Forderungen nach einer christlichen Obrigkeit präsent geblieben. Und selbst in der Zeit der Weimarer Republik habe die theologische Basis politischer Begrifflichkeiten Bestand gehabt.
IHK-Präsident Udo Dolezych unterstrich bei seiner Begrüßung die Wichtigkeit der GWWG, die 1952 als Förderverein des Westfälischen Wirtschaftsarchivs (WWA) gegründet worden ist: „Wirtschaft findet in der Gegenwart statt. Wirtschaft hat aber auch Vergangenheit. Sie muss sich ihrer Geschichte annehmen, um auch in die Zukunft planen zu können.“ Das WWA sei die regionale Informationsdrehscheibe und das Gedächtnis der regionalen Wirtschaft. Die historischen Bestände ließen erkennen, dass Strukturwandel kein neuer Begriff ist, sondern eine permanente Herausforderung. „Die Unternehmen müssen diese annehmen. Denn Mut zu Veränderung und Innovation ist ein wichtiger Garant für unternehmerischen Erfolg.“
Die IHK als Mitbegründer der GWWG werde daher auch künftig Gesellschaft und Archiv unterstützend zur Seite stehen.
Heinrich Frommknecht, erster Vorsitzender der GWWG, ergänzte, dass mit der seit mehr als 50 Jahren laufenden Vortragsveranstaltung eine „Erinnerungskultur“ gepflegt werden soll. „Wir möchten den Dialog zwischen Geschichtswissenschaft und interessierter Öffentlichkeit fördern.“ Der derzeitige Geschichtsboom in Deutschland helfe diesem Ziel nachdrücklich. „Vor allem die Heimat- und die Regionalgeschichte erfreuen sich eines außerordentlich lebhaften Interesses. Dies spiegelt sich auch in den seit Jahren wachsenden Benutzerzahlen des Westfälischen Wirtschaftsarchivs wider“, so Frommknecht.
Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Geschäftsführer der GWWG und Direktor des WWA, leitete die anschließende Diskussion zum Vortrag. Dabei stellte er die Frage nach dem Verhältnis von Staat und Kirche sowie der Bedeutung der christlich-religiösen Grundlagen für das europäische Demokratieverständnis in den Mittelpunkt. „Eine besondere Herausforderung der Zukunft ist die multikulturelle Gesellschaft“, so Ellerbrock. Das Verhältnis von Religion und Politik sei eine der Grundlinien der europäischen Geschichte. Die Integration nichtchristlicher Religionsgemeinschaften sei eine der großen Aufgaben der Zukunft.
 
Zur Referentin
Professorin Dr. Luise Schorn-Schütte ist Inhaberin des Lehrstuhls für neuere und allgemeine Geschichte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sie ist Vizepräsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft und Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Vereinigungen und Gremien. Ihre Forschungs-schwerpunkte sind die Europäische Reformationsgeschichte (16./17. Jahrhundert), die Geschichte des europäischen politischen Denkens (16./18. Jahrhundert) und die Wissenschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Zu ihren wichtigsten Veröffentlichungen zählen „Karl Lamprecht (1856-1915). Kulturgeschichtsschreibung zwischen Wissenschaft und Politik“ (1984), „Evange-lische Geistlichkeit in der Frühneuzeit“ (1996), „Die Reformation. Vorgeschichte, Verlauf, Wirkung“ (4. Auflage 2006), „Karl V. Kaiser zwischen Mittelalter und Neuzeit“ (3. Auflage 2006) und „Historische Politikforschung. Eine Einführung“ (2006).

Jahresvortrag 2006

Prof. Dr. Gudrun Krämer: „Eine komplizierte Beziehung: Die islamische Welt und Europa“

Besonders regen Zuspruchs erfreute sich der Vortragsabend der Gesellschaft für Westfälische Wirtschaftsgeschichte e.V. (GWWG) am 25. Januar 2006 im Saal der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund. Mehr als 450 Gäste besuchten in diesem Jahr die traditionsreiche Veranstaltungsreihe. IHK-Vizepräsident Gerhard Rüschenbeck freute sich in seiner Begrüßung über das große Interesse: „Diese Veranstaltung zählt zu den herausragenden kulturellen und gesellschaftlichen Ereignissen in unserer Region. Zu verdanken haben wir dies insbesondere der hohen nationalen und internationalen Reputation des Westfälischen Wirtschaftsarchivs, das von der GWWG gefördert wird.“
Professorin Gudrun Krämer, Inhaberin des Lehrstuhls Islamwissenschaften der Freien Universität Berlin, sprach an diesem Abend zum Thema „Eine komplizierte Beziehung: Die islamische Welt und Europa“. Sie betrachtete dabei die Verbindungen dieser Regionen aus islamischer Perspektive vor dem geschichtlichen Hintergrund. So sei das Verhältnis zu Juden und Christen für die Herausbildung islamischer Lehren und Lebensformen zwar bedeutsam, allerdings folgte daraus noch keine besondere Bedeutung Europas für den Islam in seiner klassischen Epoche. Daran änderten auch die Kreuzzüge wenig. „Erst der europäische Kolonialismus kehrte im 18. und 19. Jahrhundert die Verhältnisse um. In seinem Schatten stehen aber heute noch die Beziehungen zwischen islamischer Welt und Europa. Dabei haben die Wahrnehmungen ein ebenso großes Gewicht wie die Tatsachen“, erklärte Krämer.
Heinrich Frommknecht, erster Vorsitzender der GWWG, betonte, dass das mit so vielen Konflikten behaftete Verhältnis zur islamischen Welt gerade in der heutigen Zeit größtes Interesse genießt. „In Europa neigt man zu leicht verkürzten Erklärungsansätzen für diese Konflikte“, stellte Frommknecht fest. Die tiefgehenden Einblicke der Gastrednerin hätten daher zu einem „Blick über den Tellerrand“ geführt. Dr. Karl-Peter Ellerbrock, Geschäftsführer der GWWG und Direktor des Westfälischen Wirtschaftsarchivs, leitete die anschließende Diskussion zum Vortrag.
Er betrachtete dabei gemeinsam mit den Gästen unter anderem die aktuellen Verlautbarungen islamischer Intellektueller zu fundamentalistischen Strömungen und stellte die Frage: „Hat der Fundamentalismus mit Blick auf die Kritik an undemokratischen Herrschaftspraktiken in islamischen Ländern oder auf die lauter werdenden Forderung nach der Gleichstellung von Mann und Frau überhaupt dauerhaft eine Chance?“
 
Zur Referentin
Nach dem Studium der Geschichts-, Islam- und Politikwissenschaft sowie der Anglistik und der Promotion in Heidelberg arbeitete Gudrun Krämer zwischen 1982 und 1994 als Nahost-Referentin an der renommierten Stiftung Wissenschaft und Politik in Ebenhausen bei München. Sie habilitierte sich 1994 an der Universität Hamburg und nahm im selben Jahr den Ruf auf die Professur für Islamwissenschaften an der Universität Bonn an. Von dort aus wechselte sie 1996 zur Freien Universität nach Berlin. Sie war darüber hinaus unter anderem Gastprofessorin in Kairo, Bologna, Paris und Jakarta. Zu ihren wichtigsten Veröffentlichungen zählen neben zahlreichen Aufsätzen die Bücher „Ägypten unter Mubarak“ (1986), „The Jews in Modern Egypt“ (1989), „Gottes Staat als Republik: Zeitgenössische Muslime zu Islam, Menschenrechten und Demokratie“ (1999), „Geschichte Palästinas. Von der osmanischen Eroberung bis zur Gründung des Staates Israel (2002) und die Geschichte des Islam (2005).