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100 Jahre Wahlrecht für das „andere Geschlecht“ in Deutschland

Bei der Wahl zur verfassunggebenden Nationalversammlung am 19. Januar 1919 durften erstmals in Deutschland Frauen das aktive und passive Wahlrecht ausüben. Aus diesem Anlass – und zugleich genau 70 Jahre nach Erscheinen von Simone de Beauvoirs bahnbrechendem Werk „Le deuxième sexe“ – widmete sich das Landesarchiv NRW dem „anderen Geschlecht“.

Die Online-Ausstellung wurde 2019 als "Archivale des Monats" präsentiert und enthält dementsprechend 12 ausgewählte Archivalien, die keine systematische oder gar repräsentative Schau auf rheinisch-westfälische Geschichte in feministischer Perspektive bieten können und wollen. Sie sollen aber anhand möglichst ausdrucksstarker Beispiele einige Schlaglichter auf Diskriminierung und Emanzipation von Frauen vornehmlich im 20. Jahrhundert werfen.

Wahlkampf um die weiblichen Stimmen

Während im Zuge der ersten deutschen Revolution 1848/49 die (rein männliche) Frankfurter Nationalversammlung noch in ihrer Paulskirchenverfassung weder aktives noch passi­ves Frauenwahlrecht vorgesehen hatte, durften an den Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung am 19. Januar 1919 erstmals in Deutschland auch Frauen teil­nehmen. Damit war nach mehreren Jahrzehnten das Enga­gement jener Frauenrechtsbewegungen erfolgreich, die sich im 19. Jahrhundert trotz vieler gesetzlicher Hürden organi­siert hatte...

Während im Zuge der ersten deutschen Revolution 1848/49 die (rein männliche) Frankfurter Nationalversammlung noch in ihrer Paulskirchenverfassung weder aktives noch passi­ves Frauenwahlrecht vorgesehen hatte, durften an den Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung am 19. Januar 1919 erstmals in Deutschland auch Frauen teil­nehmen. Damit war nach mehreren Jahrzehnten das Enga­gement jener Frauenrechtsbewegungen erfolgreich, die sich im 19. Jahrhundert trotz vieler gesetzlicher Hürden organi­siert hatten.

So bestimmte etwa noch das Preußische Vereinsgesetz vom 11. März 1870 in § 9, dass politische Vereinigungen „keine Frauenspersonen, Schüler, Lehrlinge als Mitglieder aufnehmen“ durften. Trotzdem wurde etwa 1902 unter dem Dach der liberaleren Hamburger Vereinsgesetzgebung der „Deutsche Verein für Frauenstimmrecht“ gegründet.

Nachdem bereits während der letzten Kriegsjahre mehrere Eingaben unter Verweis auf die weiblichen Verdienste an der Heimatfront das Frauenwahlrecht gefordert hatten, ver­kündete der revolutionäre Rat der Volksbeauftragten am 12. November 1918 das allgemeine, gleiche, direkte und ge­heime Wahlrecht „für alle mindestens 20 Jahre alten männ­lichen und weiblichen Personen“. Unter den 1919 gewählten 423 Abgeordneten der Weimarer Nationalversammlung wa­ren dann immerhin 37 Frauen – eine Quote, die im Deut­schen Bundestag erst 1987 deutlich überschritten wurde.

LAV NRW W, W 351/Plakatsammlung, Nr. 2441 und 2914

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Rückblick in die Vormoderne

In Mittelalter und Früher Neuzeit waren die Möglich­keiten politischer Einflussnahme für Frauen auf jene Angehörige des Hochadels beschränkt, die entweder aufgrund spezieller Konstellationen der Erbfolge als Regentinnen fungieren konnten (von Theophanu im 10. bis zu Louise Eleonore von Sachsen-Meinigen im 19. Jahrhundert) oder als Äbtissinnen reichsunmittel­barer Fürstabteien wie Essen oder Herford territoriale Herrschaft ausübten und Sitz wie Stimme im Reichstag hatten...

In Mittelalter und Früher Neuzeit waren die Möglich­keiten politischer Einflussnahme für Frauen auf jene Angehörige des Hochadels beschränkt, die entweder aufgrund spezieller Konstellationen der Erbfolge als Regentinnen fungieren konnten (von Theophanu im 10. bis zu Louise Eleonore von Sachsen-Meinigen im 19. Jahrhundert) oder als Äbtissinnen reichsunmittel­barer Fürstabteien wie Essen oder Herford territoriale Herrschaft ausübten und Sitz wie Stimme im Reichstag hatten.

Töchtern aus niederem Adel blieben solche Machtpositionen in der Regel verwehrt, auch wenn sie ihre Stiftsfähigkeit durch Beibringung einer Aufschwörungstafel nachweisen (siehe Abb: Aufschwörung der Anna Adolphina Franziska von Landsberg zu Erwitte für das Stift Nottuln, 1753) und damit ihre Aufnahme in ein Damenstift erwirken konnten. Immerhin bot der Eintritt in ein Kloster oder Stift die Möglichkeit, geistige und kulturelle Autonomie zu erlangen.

Die überwältigende Mehrheit der Frauen jedoch blieb ohne politisch-gesellschaftliche Teilhabe und hatte keinerlei Zugang zu öffentlichen Ämtern – wenn man vom teilweise vereideten Stand der Hebammen absieht.

LAV NRW W, W 101/Aufschwörungstafeln, Nr. 429

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Gesundheitsvorsorge als Frauensache

Tuberkulose fordert unter allen Infektionskrankheiten zwar bis heute die meisten Todesopfer, stellte aber vor der Entdeckung der Antibiotika gleich­wohl eine noch weitaus gefährlichere Bedrohung für die Bevölkerung dar. Das 1895 unter der Schirmherrschaft der Kaiserin Auguste Viktoria gegrün­dete Central-Komitee zur Bekämpfung der Tuberkulose versuchte, den Ver­einszweck sowohl durch den Bau von Sanatorien wie durch Aufklärung über Verbreitungswege und hygienische Vorsorge zu erreichen...

Tuberkulose fordert unter allen Infektionskrankheiten zwar bis heute die meisten Todesopfer, stellte aber vor der Entdeckung der Antibiotika gleich­wohl eine noch weitaus gefährlichere Bedrohung für die Bevölkerung dar. Das 1895 unter der Schirmherrschaft der Kaiserin Auguste Viktoria gegrün­dete Central-Komitee zur Bekämpfung der Tuberkulose versuchte, den Ver­einszweck sowohl durch den Bau von Sanatorien wie durch Aufklärung über Verbreitungswege und hygienische Vorsorge zu erreichen.

Dass das um 1905 herausgegebene Plakat über den Schutz von Kindern wie selbstverständlich ausschließlich Mütter anspricht, wirft ein Schlaglicht auf die damalige familiäre Rollenverteilung, die das 1900 in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch im Abschnitt über die Wirkungen der Ehe im Allge­meinen in § 1356 (übrigens in diesem Wortlaut bis 1958) wie folgt fest­schrieb: „Die Frau ist (…) berechtigt und verpflichtet, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten. Zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäfte des Mannes ist die Frau verpflichtet, soweit eine solche Thätigkeit nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten leben, üblich ist.“

Trotzdem war nach der Berufszählung vom Juni 1907 immerhin über ein Viertel der erwachsenen Frauen außerhalb des eigenen Heims berufstätig, wenngleich überwiegend in anderen Privathaushalten, während in Industrie, Gewerbe und Verkehr nur etwa 400.000 Frauen arbeiteten.

LAV NRW W, W 351/Plakatsammlung, Nr. 323

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Männliche Siege, weiblicher Trost

Nachdem der Vaterländische Frauenverein 1866 von Königin Au­gusta von Preußen unter dem Eindruck des preußisch-österreichi­schen Krieges aus weiblichen Hilfskräften des (im Rahmen der Rot­kreuzbewegung entstandenen) Preußischen Vereins zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger gegründet worden war, bildeten sich auf lokaler und regionaler Ebene rasch zahlreiche Zweigvereine, die sich, wie es im Statut des Berliner Ablegers vom  1. Mai 1867 heißt, als Ausdruck jener Vaterlandsliebe verstanden, „durch welche die Männer siegen, die Frauen trösten...

Nachdem der Vaterländische Frauenverein 1866 von Königin Au­gusta von Preußen unter dem Eindruck des preußisch-österreichi­schen Krieges aus weiblichen Hilfskräften des (im Rahmen der Rot­kreuzbewegung entstandenen) Preußischen Vereins zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger gegründet worden war, bildeten sich auf lokaler und regionaler Ebene rasch zahlreiche Zweigvereine, die sich, wie es im Statut des Berliner Ablegers vom  1. Mai 1867 heißt, als Ausdruck jener Vaterlandsliebe verstanden, „durch welche die Männer siegen, die Frauen trösten“. Neben der Vorbereitung auf den Pflegedienst in militärischen Lazaretten wid­meten sich die Vereine in Friedenszeiten auch der Kinder- und Ju­gendfürsorge, indem sie etwa junge Mütter beratend unterstützten. Die Vaterländischen Frauenvereine wurden 1937 im Zuge der Gleichschaltung des Deutschen Roten Kreuzes aufgelöst.

Jenseits derartigen Engagements im Bereich der Pflege und Wohltä­tigkeit boten Vereine wie der Flottenbund deutscher Frauen oder der Deutsche Frauenverein für die Ostmarken Frauen aber auch die Gelegenheit, das für sie geltende Verbot politischer Betäti­gung zu umgehen. 

LAV NRW W, T 410/Sammlung Gröningianer Nr. 478 und K 333/Kreis Meschede, Landratsamt, Nr. 3544

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Von der Heimatfront an die Wahlurne?

Nachdem die weibliche Erwerbstätigkeit bereits vor 1914 bedeutend zugenommen hatte, kam es nach Kriegsausbruch neben einem weiteren Anstieg eher zu einer Verlagerung der von Frauen eingenommenen Arbeitsplätze in zuvor männlich dominierte Bereiche, vor allem in der Rüstungsindustrie. Da zugleich Arbeitsschutzvorschriften aufgehoben wurden, konn­ten die Schichten in Munitionsfabriken 11 bis 12 Stunden dauern....

Nachdem die weibliche Erwerbstätigkeit bereits vor 1914 bedeutend zugenommen hatte, kam es nach Kriegsausbruch neben einem weiteren Anstieg eher zu einer Verlagerung der von Frauen eingenommenen Arbeitsplätze in zuvor männlich dominierte Bereiche, vor allem in der Rüstungsindustrie. Da zugleich Arbeitsschutzvorschriften aufgehoben wurden, konn­ten die Schichten in Munitionsfabriken 11 bis 12 Stunden dauern.

Indessen gibt es, anders als früher angenommen, wohl keinen direkten Zusammenhang zwischen der Einbindung der Frauen in die Kriegswirtschaft und dem am Kriegsende er­kämpften Wahlrecht, das ohne die Revolution sicher nicht zu dieser Zeit gegen die behar­renden Kräfte hätte durchgesetzt werden können. Noch 1916 wurde die von der Obersten Heeresleitung erhobene Forderung nach einer weiblichen Dienstpflicht von der Reichsregie­rung aus Sorge um jene traditionelle Frauenrolle als Hausfrau und Mutter abgelehnt, wie sie etwa auch in dieser holprigen Kriegspoesie propagiert wird.

LAV NRW W, K 702a/Sammlung Primavesi, Nr. 28 und U 132/Gesamt­archiv von Landsberg-Velen (Dep.)/Akten, Nr. 22930

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Wählerinnen als Zielgruppe für politische Propaganda

Bei der ersten Teilnahme an Reichstagswahlen 1920 erhielt die Ende 1918 gegründete KPD nur 2,1% der Stimmen, wies aber bei den zwei resultierenden Mandaten (für Clara Zetkin und Paul Levi) eine Frauenquote von 50% auf. 1924 erreichte die KPD bereits 12,6% der Stimmen und wurde kurzzeitig von Ruth Fischer als der Vorsitzenden des Politischen Büros des Zentralkomi­tees geführt...

Bei der ersten Teilnahme an Reichstagswahlen 1920 erhielt die Ende 1918 gegründete KPD nur 2,1% der Stimmen, wies aber bei den zwei resultierenden Mandaten (für Clara Zetkin und Paul Levi) eine Frauenquote von 50% auf. 1924 erreichte die KPD bereits 12,6% der Stimmen und wurde kurzzeitig von Ruth Fischer als der Vorsitzenden des Politischen Büros des Zentralkomi­tees geführt.

Ein Schwerpunkt der Parteiarbeit lag auf der Politisierung von Frauen mit Hilfe von Parteizeit­schriften und parteinahen Organen wie "Die Kommunistin" und "Die Kämpferin", so dass der Anteil von Frauen unter den KPD-Mitgliedern bis 1933 auf rund 15 Prozent stieg. 1925 wurde der "Rote Frauen- und Mädchenbund" als überparteiliche Massenorganisation gegründet, die nicht nur politische Agitation wie etwa den Kampf für die Emanzipation der Frauen und gegen den Abtreibungsparagrafen 218 betrieb, sondern sich auch für die Verbesserung der Lage pro­letarischer Bevölkerungsgruppen engagierte.

LAV NRW W, W 401/Druckschriftensammlung, Nr. 1078 und 1091

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Unfallverhütung am (männlichen) Arbeitsplatz

Nachdem 1884 im Rahmen der Bismarckschen Sozialgesetzgebung die Unfallversicherung eingeführt worden war, hatten die Ausgaben der für die Verwaltung zuständigen Berufsgenossenschaften ständig zuge­nommen und 1925 etwa 122 Millionen Reichsmark erreicht. Vor diesem Hintergrund versuchte der Verband der deutschen Berufsgenossen­schaften, die Sicherheit am Arbeitsplatz durch verschiedene Maßnah­men zu erhöhen, und gründete 1924 die Unfallverhütungsbild GmbH, die fortan einen Kalender herausgab und Millionen von Plakaten mit etwa 300, teilweise drastischen Motiven vertrieb...

Nachdem 1884 im Rahmen der Bismarckschen Sozialgesetzgebung die Unfallversicherung eingeführt worden war, hatten die Ausgaben der für die Verwaltung zuständigen Berufsgenossenschaften ständig zuge­nommen und 1925 etwa 122 Millionen Reichsmark erreicht. Vor diesem Hintergrund versuchte der Verband der deutschen Berufsgenossen­schaften, die Sicherheit am Arbeitsplatz durch verschiedene Maßnah­men zu erhöhen, und gründete 1924 die Unfallverhütungsbild GmbH, die fortan einen Kalender herausgab und Millionen von Plakaten mit etwa 300, teilweise drastischen Motiven vertrieb.

Obwohl die Erwerbsquote weiblicher Beschäftigter 1925 bereits 35,3% (2012: 68%) erreichte, scheinen nur wenige dieser Plakate Frauen und ihre spezifischen Arbeitsplätze in den Blick genommen zu haben. In­dessen verweist das gezeigte Motiv indirekt und ungewollt darauf, dass auch in den 1920er Jahren noch die meisten Frauen nur vor der Ehe (gegen Lohn) arbeiten wollten – wenn sie nicht, wie etwa Beamtinnen, ohnehin mit der Heirat automatisch entlassen wurden.

LAV NRW W, W 351/Plakatsammlung, Nr. 2556

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Mutterkult und Arbeitsdienst

Vier Kinder als Minimalziel – mit dieser Richtlinie wies der „Reichsausschuss für Volksgesundheitsdienst“ in Broschüren wie dem 1933 erschienenen Heft „Mütter kämpft für eure Kinder“ Frauen einen eindeutigen Platz in der nationalsozialistischen Gesellschaft zu. Während die rechte Propaganda die Frau als Mutter zukünftiger Soldaten auf ein Podest stellte und ihr durch das „Mutterkreuz“ quasi-militärische Ehren verlieh, wurden an den Universitäten Obergrenzen für weibliche Studierende eingeführt und sogenannte „Ehestandsdarlehen“ nur vergeben, wenn die Frau ihre Berufstätigkeit aufgegeben hatte...

Vier Kinder als Minimalziel – mit dieser Richtlinie wies der „Reichsausschuss für Volksgesundheitsdienst“ in Broschüren wie dem 1933 erschienenen Heft „Mütter kämpft für eure Kinder“ Frauen einen eindeutigen Platz in der nationalsozialistischen Gesellschaft zu. Während die rechte Propaganda die Frau als Mutter zukünftiger Soldaten auf ein Podest stellte und ihr durch das „Mutterkreuz“ quasi-militärische Ehren verlieh, wurden an den Universitäten Obergrenzen für weibliche Studierende eingeführt und sogenannte „Ehestandsdarlehen“ nur vergeben, wenn die Frau ihre Berufstätigkeit aufgegeben hatte.

Auch die Aufgaben der NS-Frauenschaften zentrierten sich um die Gebiete Hauswirtschaft und Mutterschaft, die der Ideologie nach der „natürlichen Weiblichkeit“ entsprachen und den Frauen eine angeblich eingebüßte „Würde“ zurückverleihen sollten. In Arbeitsdiensten wurden junge Frauen gezielt bei der Hofbewirtschaftung und Kinderbetreuung eingesetzt. In der NSDAP selbst stand den Frauen dagegen nur die untere Parteiebene offen, auch in Gremien waren sie nicht vertreten und das passive Wahlrecht wurde ihnen genommen.

LAV NRW W, W 351/Plakatsammlung, Nr. 779

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Frauen im Blick der Verkehrssicherheit

1959 gab es in Deutschland rund 3,5 Millionen Pkw – und 15.654 Verkehrstote. Zum Vergleich: 2018 waren es 3265 Tote, obwohl sich die Zahl der zugelassen Pkw in der Zwischenzeit mehr als verzwölffacht hat. Zwar dürfen sich Frauen seit 1958 unabhängig vom Einverständnis ihres Ehemanns oder Vaters in Fahrschulen anmelden. Dennoch waren die überwiegende Mehrheit der Fahrer – und damit auch der Verkehrstoten – Männer...

1959 gab es in Deutschland rund 3,5 Millionen Pkw – und 15.654 Verkehrstote. Zum Vergleich: 2018 waren es 3265 Tote, obwohl sich die Zahl der zugelassen Pkw in der Zwischenzeit mehr als verzwölffacht hat. Zwar dürfen sich Frauen seit 1958 unabhängig vom Einverständnis ihres Ehemanns oder Vaters in Fahrschulen anmelden. Dennoch waren die überwiegende Mehrheit der Fahrer – und damit auch der Verkehrstoten – Männer.

Entsprechend richteten sich Kampagnen zur Verkehrssicherheit auch hauptsächlich an Männer – wie dieses Plakat zum Internationalen Verkehrssicherheitstag aus dem Jahr 1959. Es appelliert an das Verantwortungsbewusstsein von Ehemann und Vater.  Dazu greift es das traditionelle Bild der treuen Hausfrau und Mutter auf, der keine andere Wahl bleibt, als zu Hause um ihren Mann zu bangen und zu hoffen, dass er nicht verunglückt. Als passive Zuschauerin des Geschehens ist sie auf die Vorsicht ihres Mannes angewiesen.

Doch bereits ein Jahr später zeichnete sich ein Umbruch ab. Das Plakat der Verkehrssicherheitstage von 1960 präsentierte eine moderne junge Frau auf einem Moped, die selbstbewusst den Betrachter fragt: „Ich weiß Bescheid. Und du?“. Auch in der Verkehrssicherheit brachen neue Zeiten an.

LAV NRW W, W 351/Plakatsammlung, Nr. 3811

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Das Internationale Jahr der Frau

Ab 1908 gab es erste internationale Frauentage für die Einführung des Frauenwahlrechts. Nach 1918 veränderte sich der Charakter des Protests und soziale Themen wurden wichtiger. Ab 1945 verlor der Frauentag seinen sozialistischen Charakter und wurde demokratisiert. Er war erst ein Teil der Friedensbewegung. Mit dem Aufkommen der neuen Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre rückten wieder frauenspezifische Themen im Vordergrund...

Ab 1908 gab es erste internationale Frauentage für die Einführung des Frauenwahlrechts. Nach 1918 veränderte sich der Charakter des Protests und soziale Themen wurden wichtiger. Ab 1945 verlor der Frauentag seinen sozialistischen Charakter und wurde demokratisiert. Er war erst ein Teil der Friedensbewegung. Mit dem Aufkommen der neuen Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre rückten wieder frauenspezifische Themen im Vordergrund.

Die UNO erklärte den 8. März 1975 zum 1. Internationalen Frauentag und die Jahre 1976-1985 zur „UN-Dekade der Frau“. Dabei standen besonders Gleichberechtigung und Entwicklung im Fokus. 1975 veröffentlichte das Familienministerium im Rahmen einer großangelegten Kampagne eine Plakatserie, in der gängige Vorurteile über Frauen aufgegriffen und überzeichnet wurden.

Der Internationale Frauentag wird heute in vielen Ländern für Frauenstreiks genutzt und findet oft ein breites Echo in der Öffentlichkeit. In Berlin ist der 8. März seit diesem Jahr ein offizieller Feiertag.

LAV NRW W, W 351/Plakatsammlung, Nr. 462

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Die zweite Frauenbewegung kommt in die Politik

„Wir wollen alles und zwar jetzt!“, „Mein Bauch gehört mir“ und „Weg mit dem Abtreibungsparagraphen 218“ waren Forderungen der zweiten Frauenbewegung, die seit den frühen 1970er Jahren die Gleichstellung der Frauen in allen Lebensbereichen und die Selbstbestimmung über den eigenen Körper forderte. Mit den Grünen gründete sich 1979 in NRW erstmals eine Partei, die diese Themen des außerparlamentarischen Feminismus in die Politik tragen wollte...

„Wir wollen alles und zwar jetzt!“, „Mein Bauch gehört mir“ und „Weg mit dem Abtreibungsparagraphen 218“ waren Forderungen der zweiten Frauenbewegung, die seit den frühen 1970er Jahren die Gleichstellung der Frauen in allen Lebensbereichen und die Selbstbestimmung über den eigenen Körper forderte. Mit den Grünen gründete sich 1979 in NRW erstmals eine Partei, die diese Themen des außerparlamentarischen Feminismus in die Politik tragen wollte.

Die erste Teilnahme an einer Landtagswahl 1980 blieb mit 3,0 % der Stimmen noch erfolglos,  doch bereits zur Bundestagswahl 1983 konnte die Partei mit einem professionellen Wahlkampf und über 8.000 Mitgliedern in NRW erstmals in das bundesdeutsche Parlament einziehen. Die Partei konnte sich in der Folge schnell als eine neue Kraft im Parteienspektrum auf allen Ebenen etablieren. In den Landtag in NRW zogen sie 1990 ein. Dieser nachhaltige Erfolg gelang nicht zuletzt, weil sie als Stimme der Neuen Sozialen Bewegungen erstmals Themen wie den Umweltschutz, die Gleichberechtigung von Frauen und Homosexuellen sowie die Modernisierung der Arbeitswelt auf die politische Agenda brachte.

LAV NRW W, W 351/Plakatsammlung, Nr. 1135

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Frauen und Stadtentwicklung

Unter dem Motto „Frauen planen Ihre Stadt“ fanden im Jahr 1994 in Münster verschiedene Veranstaltungsreihen statt. Auch in anderen Städten wurde das Thema „Frauen und Stadtentwicklung“ intensiv auf Tagungen verhandelt. Die Initiative für die beworbene Ausstellung im Stadthaus Münster ging vom Ministerium für die Gleichstellung von Mann und Frau gemeinsam mit den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten des Landes NRW aus...

Unter dem Motto „Frauen planen Ihre Stadt“ fanden im Jahr 1994 in Münster verschiedene Veranstaltungsreihen statt. Auch in anderen Städten wurde das Thema „Frauen und Stadtentwicklung“ intensiv auf Tagungen verhandelt. Die Initiative für die beworbene Ausstellung im Stadthaus Münster ging vom Ministerium für die Gleichstellung von Mann und Frau gemeinsam mit den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten des Landes NRW aus. Den Anlass für die Initiative bildeten umfassende Reformen der lokalen Gleichstellungsarbeit, wie etwa die erstmalige gesetzliche Festschreibung von Gleichstellungsbeauftragten in der neuen Gemeindeordnung für NRW im Jahr 1994.

Neben der auf dem Plakat angesprochenen Forderung nach einem angstfrei gestalteten öffentlichen Stadtraum, beinhalteten die Visionen der sogenannten frauengerechten Stadt autonome und selbstgestaltete Räume und Treffpunkte, z.B. „Frauenwohnprojekte“ oder Frauenstadtteilzentren“ sowie wohnungsnahe, qualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze.

LAV NRW W, W 351/Plakatsammlung, Nr. 4024

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