Skip to main content

Archivale des Monats Juli 2022

Vor 140 Jahren: Schwurgerichtsprozess wegen eines Totschlags in Eilendorf
Monday, 4. July 2022 - 17:03

Archivale des Monats Juli 2022

Vor 140 Jahren: Schwurgerichtsprozess wegen eines Totschlags in Eilendorf

Am 12. Dezember 1881 wurde der 46-jährige verheiratete Gerichtsvollzieher Arnold Johann Vinhoven, wohnhaft am Seilgraben 26, in Eilendorf getötet. Das Verbrechen hatte im Raum Aachen für großes Aufsehen gesorgt, der Prozess wurde von der Öffentlichkeit mit großer Spannung erwartet. Von Mord war die Rede. Anklage wegen Totschlags wurde erhoben gegen den 33-jährigen, ebenfalls verheirateten Steinbrecher Jakob Kaußen, und den 30-jährigen, ledigen Fabrikarbeiter Johann Joseph Jordans. Die Angeklagten waren vorbestraft und als gewalttätig bekannt.

Der Prozess gegen die beiden Eilendorfer fand wegen der Schwere der Straftat am 4. Juli 1882 vor der Strafkammer des Aachener Landgerichts, dem sog. Schwurgericht, statt. Diese Kammern gab es seit 1879; Recht sprachen hier zwölf Geschworene und drei Berufsrichter.

Den Angeklagten wurde vorgeworfen, „zu Eilendorf den Gerichtsvollzieher Vinhoven gemeinschaftlich vorsätzlich getödtet zu haben.“ In dem Bericht werden die Aussagen der Angeklagten, von Zeugen und Sachverständigen z. T. wörtlich wiedergegeben. Zugetragen hatte sich Folgendes:

Die beiden Angeklagten Kaußen und Jordans waren dem Gerichtsvollzieher Vinhoven auf dessen Weg von Stolberg nach Eilendorf an der Buschmühle begegnet. Beide waren angetrunken. Es bleibt nach den Zeugenaussagen unklar, ob Vinhoven die beiden nach dem Weg zum Lambertz-Hof in Eilendorf frug oder ob die Angeklagten sich das spätere Opfer ausgeguckt hatten und ihn ansprachen. Jedenfalls begleiteten sie Vinhoven und unterhielten sich zunächst friedlich mit ihm. Als sie versuchten, ihn zum Besuch einer Wirtschaft zu überreden, lehnte Vinhoven ab.

Von nun an war die Atmosphäre wohl angespannt; beim Lambertz-Hof angekommen, eskalierte der Streit – die Angeklagten sagten aus, Vinhoven habe sie beschimpft, Zeugen sprechen von einer Bedrohung Vinhovens durch Kaußen und Jordans. Vinhoven bot den beiden Geld an, wenn sie ihn nur in Ruhe ließen. Dies half aber nichts: Jordans bedrohte Vinhoven mit einem Stein, dieser zog daraufhin einen Revolver. Wie es zu dem anschließenden Handgemenge kam, ist anhand der Aussagen nicht eindeutig nachvollziehbar. Die Angeklagten schlugen jedenfalls mit Fäusten und einem Stock auf Vinhoven ein, Kaußen entriss ihm die Waffe. Ein zufällig passierender Fuhrmann trat hinzu und versuchte zu schlichten. Plötzlich fiel ein Schuss – ob absichtlich oder unabsichtlich bleibt unklar.
Vinhoven wurde von Kaußen im rechten Bauchraum unterhalb der letzten Rippe getroffen, er kam am späten Abend ins Mariahilf-Hospital nach Aachen. Dort öffnete der Oberarzt Dr. Riedel den Bauchraum des Patienten. Er sagte aus: „Die Kugel war durch den Dünndarm gegangen und die Verletzung absolut tödlich, da Speiseüberreste in Menge ausgetreten waren.“ Vinhoven verstarb am 13. Dezember 1881 um fünf Uhr morgens.

Die Geschworenen mussten nun entscheiden, ob ein gemeinschaftlicher Totschlag vorlag oder ob es sich bei der Tat um eine Körperverletzung handelte, die letztlich zum Tod Vinhovens geführt hatte. Nach den Plädoyers des Staatsanwalts und der Anwälte entschieden die Geschworenen bei Kaußen auf tödliche Körperverletzung und bei Jordans, der nicht geschossen hatte, auf vorsätzliche Körperverletzung. Kaußen wurde zu acht Jahren Zuchthaus, Jordans zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.

Das Archivale des Monats zeigt die Titelseite des vierseitigen Sonderdrucks (Preis: 10 Pfennig) mit dem „einzig [vollständigen] Sitzungsbericht nach der Verhandlung vor dem Schwurgerichte zu Aachen“. 

Den vollständigen Sonderdruck können Sie über den unten stehenden Downloadlink herunterladen!

Quellen: Stadtarchiv Aachen, Gemeinde Forst, Az. II-15.3 und
Standesamtsregister, Aachen Sterben 1881, Urkunde Nr. 2520.

Downloads on the Topic