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Gerechte Strafe oder Rache des Fürstbischofs?

Archivale des Monats Mai
Monday, 5. May 2025 - 09:58

Gerechte Strafe oder Rache des Fürstbischofs?

In den 1520er Jahren entstand in Zürich, Straßburg und Süddeutschland jene radikal-reformatorische Bewegung, die von ihren Gegnern abwertend als „Wiedertäufer“ bezeichnet wurde, weil sie die Kindertaufe als unbiblisch ablehnte und die Taufe von erwachsenen Gläubigen propagierte. Sie verbreitete sich rasch nach Norden, insbesondere in die Niederlande, und kulminierte 1534/35 im „Täuferreich“ zu Münster. Dort bildete sich eine apokalyptisch-endzeitliche Sekte heraus, die 1534 die Ratswahlen gewann und ein autoritäres Regime installierte, gegen das schließlich Fürstbischof Franz von Waldeck mit verbündeten katholischen und evangelischen Fürsten militärisch vorging. Unter dem Druck der Belagerung und der dadurch verursachten Hungersnot radikalisierte sich die Täufer-Herrschaft unter dem inzwischen zum König proklamierten Jan van Leiden zunehmend und führte zu berüchtigten Maßnahmen wie der Einführung der Polygamie. Am 25. Juni 1535 eroberten die bischöflichen Truppen die Stadt und richteten ein Blutbad unter den Verteidigern an. Die Anführer Jan van Leiden, Bernd Knipperdolling und Bernd Krechting wurden am 22. Januar 1536 nach ausgiebiger Folterung hingerichtet, ihre Leichen am Turm der Lambertikirche in drei Eisenkäfigen präsentiert, die heute noch dort hängen.

LAVNRW W, Bibliothek WG 10 (C.B. Tenspolde: Übersetzung von Hermann Kerssenbrocks Geschichte der Wiedertäufer… (1568), 1771.