Overslaan en naar de inhoud gaan

Geld, Kredit und Wertpapiere (Archivale des Monats der Abteilung Westfalen)

Vor 100 Jahren entwickelte sich aufgrund der Kriegsverschuldung des Deutschen Reiches und der im Versailler Vertrag von 1919 festgelegten Reparationen jene Hyperinflation, die erheblich zum Ansehensve...

Vor 100 Jahren entwickelte sich aufgrund der Kriegsverschuldung des Deutschen Reiches und der im Versailler Vertrag von 1919 festgelegten Reparationen jene Hyperinflation, die erheblich zum Ansehensverlust und zur Destabilisierung der Weimarer Republik beitrug. Auch dem Zweiten Weltkrieg folgte eine gravierende finanzpolitische Krise, die vor 75 Jahren, am 20. Juni 1948, zur Währungsreform und zur Einführung der D-Mark führte.

Anlässlich dieser beiden Jahrestage beschäftigt sich das Archivale des Monats der Abteilung Westfalen des Landesarchivs 2023 mit Geld in jeglicher Gestalt und folgt einigen Spuren von Münzen, Banknoten, Sparguthaben, Schulden, Aktien, Briefmarken oder auch Tresoren durch den Lauf der Jahrhunderte.

Toon meer Minder tonen

Januar: In Verruf geraten

Der Vielzahl an Territorien im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation der Frühen Neuzeit entsprach die komplexe Vielfalt umlaufender Geldsorten, denn im Lauf der Jahrhunderte hatten etliche der Her...

Der Vielzahl an Territorien im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation der Frühen Neuzeit entsprach die komplexe Vielfalt umlaufender Geldsorten, denn im Lauf der Jahrhunderte hatten etliche der Herzöge, Grafen und sonstigen Fürsten sowie viele Städte das Recht zur Münzprägung gewinnen können.

Dieses Privileg war in zweifacher Hinsicht lukrativ: der Münzherr konnte einerseits den Edelmetallgehalt der Münzen reduzieren, so dass ihr tatsächlicher Wert nicht den Ausgabewert erreichte. Andererseits wurden gelegentlich umlaufende Münzen verrufen (also ihre weitere Verwendung ab einem bestimmten Zeitpunkt verboten) und ihr Umtausch gegen neue Prägungen angeordnet; wenn dabei etwa 12 alte gegen 9 neue Pfennige getauscht wurden, strich der Münzherr einen Gewinn von 25% ein.

Münzverrufungen betrafen aber auch und vor allem „ausländische“ Währungen, um gegen unliebsame Konkurrenz vorzugehen. Öffentlich ausgehängte Plakate wie diese beiden Exemplare von 1577 bzw. 1579 informierten über die Verrufung und den Termin, nach dem die Annahme der dargestellten Münzen untersagt war. Während die Mehrheit der (Land-)Bevölkerung allenfalls mit Pfennigen in Berührung kam und daher von Verrufungen fremder Währungen kaum betroffen war, bedeuteten sie (wie auch die strukturelle Münzvielfalt) für Kaufleute eine erhebliche Erschwerung ihrer Handelsgeschäfte.

LAV NRW W, W 351 / Plakatsammlung, Nr. 204 und 1752.

Toon meer Minder tonen

Februar: Schutz gegen Langfinger

Der Bedarf an sicherer Verwahrung von Bargeld und Wertgegenständen ist alt und wurde im Mittelalter mit eisenbeschlagenen Truhen, für die Reliquienschätze der Kirchen mit so genannten Heiltumsschränken gedeckt. Die Entwicklung moderner Tresore und Panzerschränke begann Ende des 18. Jahrhunderts mit der Erfindung neuer Schlosstechniken, darunter zwei Systeme von Joseph Bramah (1748-1814) und Jere...

Der Bedarf an sicherer Verwahrung von Bargeld und Wertgegenständen ist alt und wurde im Mittelalter mit eisenbeschlagenen Truhen, für die Reliquienschätze der Kirchen mit so genannten Heiltumsschränken gedeckt.

Die Entwicklung moderner Tresore und Panzerschränke begann Ende des 18. Jahrhunderts mit der Erfindung neuer Schlosstechniken, darunter zwei Systeme von Joseph Bramah (1748-1814) und Jeremiah Chubb. 1858 gründeten Louis Bode und Heinrich Troue in Hannover eine der ersten Spezialfirmen für einbruchsichere Stahlkammern und Panzerschränke, für die sie die genannten Schlosssysteme verwendeten. Nach einer Fusion mit der Panzer AG in Berlin 1924 ist das Unternehmen bis heute unter dem Namen Bode Panzer GmbH aktiv und produziert in Tschechien jährlich etwa 22.000 Tresore.

Die Zeitspanne von über 50 Jahren zwischen den beiden gezeigten Lieferscheinen mag darauf hindeuten, dass die Familie von dem Bussche-Münch zu Benkhausen mit den Diensten der Firma zufrieden gewesen zu sein scheint.

LAV NRW W, U 102/Haus Benkhausen (Dep.) - Akten, Nr. 6040 und 8817.

Toon meer Minder tonen

März: Rente statt Zinsen

Die Vergabe von Darlehen gegen Zinsen war schon in der Antike bekannt und üblich – ebenso alt ist die Kritik an überhöhten Zinssätzen oder gar an Zinsen überhaupt und findet sich etwa schon im Alten und Neuen Testa­ment. Kirchliche Verbote der Zinserhebung begegnen seit dem 4. Jahrhundert immer wieder und wurden seit dem 16. Jahrhundert durch staatliche Vorschriften zur Zinshöhe bei bestimmten Han...

Die Vergabe von Darlehen gegen Zinsen war schon in der Antike bekannt und üblich – ebenso alt ist die Kritik an überhöhten Zinssätzen oder gar an Zinsen überhaupt und findet sich etwa schon im Alten und Neuen Testa­ment. Kirchliche Verbote der Zinserhebung begegnen seit dem 4. Jahrhundert immer wieder und wurden seit dem 16. Jahrhundert durch staatliche Vorschriften zur Zinshöhe bei bestimmten Handelsgeschäften begleitet.

Um den seit dem 12. Jahrhundert mit zunehmendem Geldverkehr ebenfalls wachsenden Kreditbedarf den­noch zu decken, entwickelten sich – neben dem oft be­schrittenen Weg, Geld bei den vom kirchlichen Zinsver­bot ausgenommenen jüdischen Geschäftsleuten zu lei­hen – verschiedene Finanzinstrumente. Dazu gehörte der Rentenkauf, mit dem der Gläubiger dem Schuldner für ein vereinbartes Kapital eine unbefristete jährliche Rentenzahlung abkaufte, die der Schuldner durch Rück­zahlung der Kaufsumme ablösen konnte.

Im gezeigten Beispiel kauft ein Jost van Vorden 1530 für 300 Goldgulden eine Jahresrente von 15 Goldgulden von Jurien van Loen, der dafür die Erträge aus fünf seiner Güter verpfändet. Diese Rente wurde offenbar durch Ge­nerationen vererbt und ausweislich des Textes auf der Rückseite der Urkunde schließlich 1625 von Johan Hei­denreich van Vorden für ebenfalls 300 Goldgulden an Graf Jobst Hermann von Holstein-Schaumburg-Stern­berg weiterverkauft. Die beiden Einschnitte in der Ur­kunde deuten darauf hin, dass die Nachfahren bzw. Er­ben des Jurien van Loen die Rente später durch Zahlung der 300 Goldgulden abgelöst haben.

LAV NRW W, B 104u/Domkapitel Münster, Domkellnerei - Urkunden, Nr. 113.

Toon meer Minder tonen

April: Bares aus Eigenproduktion

Wie schon nach dem Ersten Weltkrieg verursachte auch die direkte und indirekte Verschuldung des Staates in den Kriegsjahren ab 1939 eine hohe Inflation, der man in den drei Westzonen des besetzten Deutschland am 20. Juni 1948 mit der Währungsreform, also der Ab­lösung der Reichsmark durch die Deutsche Mark entgegentrat. Die dafür erforderlichen neuen Banknoten wurden in einer ersten Se­rie in de...

Wie schon nach dem Ersten Weltkrieg verursachte auch die direkte und indirekte Verschuldung des Staates in den Kriegsjahren ab 1939 eine hohe Inflation, der man in den drei Westzonen des besetzten Deutschland am 20. Juni 1948 mit der Währungsreform, also der Ab­lösung der Reichsmark durch die Deutsche Mark entgegentrat.

Die dafür erforderlichen neuen Banknoten wurden in einer ersten Se­rie in den USA gedruckt und im Frühjahr 1948 per Schiff nach Bre­merhaven geliefert. Die Banknoten wiesen große Ähnlichkeiten zum US-Dollar auf und übernahmen teilweise sogar Figuren von US-Ei­senbahnaktien.

Zum Schutz gegen Fälschungen beschränkte man sich (unter Ver­zicht auf Wasserzeichen) auf zwei Sicherheitsmerkmale: neben farbi­gen, in das Papier eingestreuten Partikeln wurden so genannte Guil­lochen verwendet, also ornamentale Muster aus mehreren Linien, die sich überlappen und miteinander verwickelt sind. In der zweiten, ab August 1948 herausgegebenen Banknotenserie wurden die Scheine teilweise durch Wasserzeichen und Sicherheitsfaden er­gänzt.

Wie kaum anders zu erwarten, weckte das neue Geld die kriminelle Energie mancher Zeitgenossen und fand bald mehr oder weniger ta­lentierte Nachahmer. Die gezeigte Warnung wurde von der Polizei Ende 1952 u.a. an die Postämter verschickt und lässt so vermuten, dass die erste Notenserie unter Fälschern beliebter war als die fol­genden, besser geschützten Scheine.

LAV NRW W, O 004 / Oberpostdirektion Münster, Nr. 2041.

Toon meer Minder tonen

Mai: Auf der hohen Kante

Nachdem erste Vorläufer der heutigen Sparkassen unter verschiedenen Namen bereits im 18. Jahrhundert entstanden waren, kam es um 1850 zu einer Gründungswelle, so dass um 1900 etwa 2500 Sparkassen im damaligen Deutschen Reich bestanden. Zur Förderung des privaten Sparens, aber auch zu seiner Verankerung als gesellschaftliche Aufgabe wurde auf einem internationalen Kongress in Mailand 1924 der Wel...

Nachdem erste Vorläufer der heutigen Sparkassen unter verschiedenen Namen bereits im 18. Jahrhundert entstanden waren, kam es um 1850 zu einer Gründungswelle, so dass um 1900 etwa 2500 Sparkassen im damaligen Deutschen Reich bestanden.

Zur Förderung des privaten Sparens, aber auch zu seiner Verankerung als gesellschaftliche Aufgabe wurde auf einem internationalen Kongress in Mailand 1924 der Weltspartag ins Leben gerufen und am 31. Oktober 1925 erstmals europaweit begangen. In Deutschland instrumentalisierte die NS-Diktatur den Aufruf schon ab 1933 als „Nationalen Spartag“, änderte den Namen 1938 in „Deutscher Spartag“, ein Jahr später in „Kriegsspartag“ und erweiterte ihn schließlich 1942 zur „Deutschen Sparwoche“. Die Propaganda für das Sparen fungierte nicht nur als ideologische Stärkung der „Volksgemeinschaft“ sondern indirekt auch als versteckte Kriegsfinanzierung.

Das Foto zeigt die Kassenhalle der Hauptstelle der Sparkasse Dortmund in jenem Gebäude, das 1924 von Hugo Steinbach im Art-Déco-Stil errichtet wurde und seit 1983 vom Museum für Kunst und Kulturgeschichte genutzt wird.

LAV NRW W, T 305 / Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband, Münster, Nr. 166 und Nr. 88.

Toon meer Minder tonen

Juni: Kundenrekrutierung an der Wiege

Der „Nationale Spartag“ (vgl. Monatsarchivale Mai) war nicht die einzige Werbemaßnahme, mit der man versuchte, der nach den traumatischen Erfahrungen mit der Inflation von 1923 gerade unter Kleinsparern verbreiteten Skepsis entgegenzuwirken. Wie andere Institute auch, bemühte sich die Sparkasse Dortmund um Neukunden, indem sie Anfang der 1930er Jahre den Eltern neugeborener Kinder diesen Gutschein...

Der „Nationale Spartag“ (vgl. Monatsarchivale Mai) war nicht die einzige Werbemaßnahme, mit der man versuchte, der nach den traumatischen Erfahrungen mit der Inflation von 1923 gerade unter Kleinsparern verbreiteten Skepsis entgegenzuwirken. Wie andere Institute auch, bemühte sich die Sparkasse Dortmund um Neukunden, indem sie Anfang der 1930er Jahre den Eltern neugeborener Kinder diesen Gutschein zukommen ließ.

Ähnliche Strategien verfolgen Banken und Sparkassen bis in die Gegenwart, zeigen aber bei der Geschenkauswahl für die Neugeborenen mehr Fantasie: neben Gutschriften von bis zu 25 € bei Kontoeröffnung werden u.a. Gutscheine für Handtücher, Spielzeug, ein Abo für die Zeitschrift „Eltern“, ein Baby-Fotoshooting oder auch ein Apfelbaum versprochen.

LAV NRW W, T 305 / Westfälisch-Lippischer Sparkassen- und Giroverband, Münster, Nr. 84.

Toon meer Minder tonen

Juli: Geldanlage jenseits des Sparbuchs

Die Wurzeln des Aktienhandels im heutigen Sinne liegen im 17. Jahrhundert, als 1612 in Amsterdam die erste Börse eröffnet wurde. Doch erst mit der einsetzenden Industrialisierung des 19. Jahrhunderts entstand mit der Gründung zahlloser Fabriken, Unternehmen und Konzerne jener enorme Kapitalbedarf, der u.a. durch die Ausgabe von Aktien gedeckt wurde. Selbst der erste dramatische Börseneinbruch in D...

Die Wurzeln des Aktienhandels im heutigen Sinne liegen im 17. Jahrhundert, als 1612 in Amsterdam die erste Börse eröffnet wurde. Doch erst mit der einsetzenden Industrialisierung des 19. Jahrhunderts entstand mit der Gründung zahlloser Fabriken, Unternehmen und Konzerne jener enorme Kapitalbedarf, der u.a. durch die Ausgabe von Aktien gedeckt wurde. Selbst der erste dramatische Börseneinbruch in Deutschland, der so genannte „Gründerkrach“ von 1873, unterbrach den Aufschwung des Aktienwesens nur kurz, so dass es um 1900 etwa 4500 Aktiengesellschaften im Kaiserreich gab.

Wem indessen die mit dem Aktienkauf verbundenen Risiken trotz der lockenden Dividenden zu hoch erschienen, konnte (wie heute auch) auf Staatsanleihen ausweichen, mit denen die öffentliche Hand zum Schuldner der Investoren wird. Vorläufer begegnen bereits seit dem 13. Jahrhundert in Norditalien und England, bevor daraus im 19. Jahrhundert komplizierte Finanzinstrumente entstehen, an deren Vertrieb Banken gut verdienen.

Hartnäckig hält sich in jener Zeit der Verdacht, dass besonders aufwändig gestaltete Aktien auf entsprechend dringlichen Kapitalbedarf schließen lassen...

LAV NRW W, K 001/Oberpräsidium Münster, Nr. 1117 und U 194/Gesamtarchiv von Romberg - Akten, Nr. 521.

Toon meer Minder tonen

August: Krieg auf Pump

Der Erste Weltkrieg (1914-1918) stellte die Kontra­henten nicht nur vor große politische, soziale und humanitäre Herausforderungen, sondern musste auch finanziert werden. Dazu bedienten sich die Kriegsparteien unterschiedlicher Instrumente. Wäh­rend Großbritannien und Frankreich zumindest ei­nen Teil der Kosten durch Steuern zu finanzieren versuchten und zudem durch Kredite aus den USA unterstützt...

Der Erste Weltkrieg (1914-1918) stellte die Kontra­henten nicht nur vor große politische, soziale und humanitäre Herausforderungen, sondern musste auch finanziert werden. Dazu bedienten sich die Kriegsparteien unterschiedlicher Instrumente. Wäh­rend Großbritannien und Frankreich zumindest ei­nen Teil der Kosten durch Steuern zu finanzieren versuchten und zudem durch Kredite aus den USA unterstützt wurden, verzichtete das Deutsche Reich trotz der ungeheuren finanziellen Belastungen auf Steuererhebungen und spekulierte auf eine nach­trägliche Kriegsfinanzierung durch künftige Reparationen der dann besiegten Kriegsgegner.

Das bis dahin benötigte Geld sollte einstweilen in Form von Kriegsanleihen durch die Bevölkerung vorgestreckt werden. Getragen von der anfängli­chen Kriegsbegeisterung wurden diese Anleihen zunächst auch ausgiebig gezeichnet, doch ließ die Bereitschaft zu derartigen Investitionen mit zuneh­mender Dauer des Krieges deutlich nach. Mit Werbe- und Propagandaplakaten wie den beiden ge­zeigten Stücken appellierte die Reichsregierung an den Patriotismus und konnte so in den Jahren zwi­schen 1914 und 1918 mit neun derartiger Kriegsan­leihen insgesamt 98 Milliarden Mark einnehmen. Da die Rückzahlungen in der Inflation der 1920er Jahre zunehmend entwertet wurden, verloren die Zeichner der Anleihen ihr Kapital fast vollständig.

LAV NRW W, W 351/Plakatsammlung, Nr. 5 und V 115/Nachlass Otto Wolle, Nr. 13

Toon meer Minder tonen

September: Inflation im Galopp (I)

Die deutsche Inflation von 1923 gilt als eine der berüchtigtsten Geldentwertungen der Weltgeschichte. Ihre Wurzeln liegen in den Bemühungen der deutschen Reichsregierung, den durch den Ers­ten Weltkrieg verursachten Finanzbedarf ohne neue Steuern durch Anleihen (s. Monatsarchivale August), Schatzanweisungen und Re­parationen nach dem erwarteten Sieg zu decken. Nach der Niederlage von 1918 jedoch ...

Die deutsche Inflation von 1923 gilt als eine der berüchtigtsten Geldentwertungen der Weltgeschichte. Ihre Wurzeln liegen in den Bemühungen der deutschen Reichsregierung, den durch den Ers­ten Weltkrieg verursachten Finanzbedarf ohne neue Steuern durch Anleihen (s. Monatsarchivale August), Schatzanweisungen und Re­parationen nach dem erwarteten Sieg zu decken.

Nach der Niederlage von 1918 jedoch verpflichtete der Versailler Vertrag das Deutsche Reich selbst zur Zahlung von Reparationen zunächst in Höhe von 20 Milliarden Goldmark, die bis April 1921 in Raten bezahlt werden sollten. Die Gesamtsumme wurde 1920 auf 269 Milliarden Goldmark in 42 Jahresraten festgesetzt, um deren (nie komplett realisierte) Begleichung zunehmende Konflikte ent­standen, die 1923 im „Ruhrkampf“ kulminierten. Als wegen rück­ständiger Materiallieferungen französische Truppen das Ruhrgebiet besetzten, kam es zum Generalstreik, den die Reichsregierung durch (mit der Notenpresse produzierte) Finanzhilfen an die strei­kenden Arbeiter unterstützte und damit ebenso die bereits hohe In­flation anheizte wie durch die an Landesbanken und Kommunen er­teilte Genehmigung zur Ausgabe von Notgeld.

Die resultierende Hyperinflation prägte den Alltag der Menschen in vielfacher Weise; die dargestellte Entwicklung des Portos für eine Postkarte mag etwa im Vergleich zu den ebenfalls galoppierenden Lebensmittelpreisen nicht die größte Sorge gewesen sein.

LAV NRW W, W 401/Druckschriftensammlung Nr. 86.

Toon meer Minder tonen

Oktober: Inflation im Galopp (II)

Die Hyperinflation von 1923 ließ die Lebenshal­tungskosten in unvorstellbare Höhen steigen; be­troffen waren sowohl zentrale Bedürfnisse wie Nahrung als auch weniger wichtige Bereiche wie das Briefporto (vgl. Monatsarchivale September) oder eher unscheinbare Gebühren wie die Stem­pelsteuer, die bei bestimmten Verwaltungsakten etwa vor Gericht oder bei Notaren fällig wurde und durch Kauf entspreche...

Die Hyperinflation von 1923 ließ die Lebenshal­tungskosten in unvorstellbare Höhen steigen; be­troffen waren sowohl zentrale Bedürfnisse wie Nahrung als auch weniger wichtige Bereiche wie das Briefporto (vgl. Monatsarchivale September) oder eher unscheinbare Gebühren wie die Stem­pelsteuer, die bei bestimmten Verwaltungsakten etwa vor Gericht oder bei Notaren fällig wurde und durch Kauf entsprechender Stempelmarken zu ent­richten war.

Genügten für die Gebührenabrechnung des Notars Paul Wessing in Fredeburg im Juli 1923 noch Stempelmarken zu 100 Mark, so erfordert seine Beurkundung vom 4. Oktober bereits Marken im (per Aufdruck erhöhten) Wert von 115 Millionen Mark. Am 21. November muss Wessing sich mit aufgeklebten Banknoten in Höhe von 25 Milliarden Mark behelfen, weil (wie er oben rechts notiert) Stempelmarken nicht erhältlich waren. Am 12. De­zember schließlich kann er wieder zwei unschein­bare Marken verwenden, um die Begleichung von Gebühren in Höhe von 1,5 Billionen Mark zu doku­mentieren.

LAV NRW W, Q 999/Notare Nr. 7904.

Toon meer Minder tonen

November: Inflation im Galopp (III)

Die Hyperinflation von 1923 stellte die Reichsbank nicht nur vor gewaltige finanzpolitische, sondern auch logistische Probleme. Während bis 1922 als wertvollste Banknote der 1000-Mark-Schein ausgegeben wurde, erreichte der höchste Nominal- oder Nennwert im November 1923 unvorstellbare 100 Billionen Mark. Obwohl mehr als hundert Firmen bzw. Fabriken mit der Produktion von Banknotenpapier und dem Dr...

Die Hyperinflation von 1923 stellte die Reichsbank nicht nur vor gewaltige finanzpolitische, sondern auch logistische Probleme. Während bis 1922 als wertvollste Banknote der 1000-Mark-Schein ausgegeben wurde, erreichte der höchste Nominal- oder Nennwert im November 1923 unvorstellbare 100 Billionen Mark. Obwohl mehr als hundert Firmen bzw. Fabriken mit der Produktion von Banknotenpapier und dem Druck der Scheine beauftragt wurden, konnte der riesige Bedarf nicht voll gedeckt werden. Daher reaktivierte man ein Instrument, das be­reits während des Ersten Weltkriegs eingesetzt wurde, um der durch Hortung zunehmenden Kleingeldknappheit zu begegnen: Mit offizieller Genehmigung durften Landesbanken und Kommunen Notgeld drucken und in Umlauf bringen, wenn dessen Gültigkeit per Aufdruck be­grenzt wurde und es eindeutig von den regulären Reichsbanknoten unterscheidbar war. Die so ausgegebenen Notgeldscheine wiesen daher oft (wie das gezeigte Dortmunder Beispiel) regi­onale Bezüge auf, erreichten einen Gesamtwert von etwa 700 Trillionen Mark und verursach­ten, wie hier in der Notgeld-Austauschstelle der Landesbank der Provinz Westfalen einen nicht unerheblichen Raumbedarf.

LAV NRW W, K 312/Kreis Dortmund, Nr. 813, W 005/Manuskripte VII, Nr. 70.

Toon meer Minder tonen

Dezember: Inflation in der politischen Propaganda

Inflation und Staatsverschuldung, Rüstungsausgaben, steigende Preise für Essen, Wohnen, Heizen und Tanken – die Themen erscheinen brandaktuell, doch wurde dieser in Vorder- und Rückseite verfremdete Hundert-Mark-Schein bereits um 1981 von der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) als Flugblatt publiziert. Die 1968 gegründete DKP hatte in dieser Zeit über 40.000 Mitglieder, wurde in erheblichem Um...

Inflation und Staatsverschuldung, Rüstungsausgaben, steigende Preise für Essen, Wohnen, Heizen und Tanken – die Themen erscheinen brandaktuell, doch wurde dieser in Vorder- und Rückseite verfremdete Hundert-Mark-Schein bereits um 1981 von der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) als Flugblatt publiziert. Die 1968 gegründete DKP hatte in dieser Zeit über 40.000 Mitglieder, wurde in erheblichem Umfang von der DDR finanziert und engagierte sich in der Friedensbewegung, die vor allem gegen die so genannte Nachrüstung mit der Stationierung von Pershing-II-Raketen in der BRD protestierte. Dass Militärausgaben, Haushaltsdefizit und Teuerungsrate keineswegs so direkt zusammenhängen, wie das Flugblatt be­hauptet  („Wer 65 Milliarden jährlich für Rüstung ausgibt, wird mit Inflation nicht unter sechs Prozent bestraft“), wird den Autoren wohl bewusst, für ihre politischen Zwecke aber eher gleichgültig gewesen sein.

LAV NRW W, W 401 /Druckschriftensammlung, Nr. 1520.

Toon meer Minder tonen