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Geld, Kredit und Wertpapiere (Archivale des Monats der Abteilung Westfalen)

Vor 100 Jahren entwickelte sich aufgrund der Kriegsverschuldung des Deutschen Reiches und der im Versailler Vertrag von 1919 festgelegten Reparationen jene Hyperinflation, die erheblich zum Ansehensve...

Vor 100 Jahren entwickelte sich aufgrund der Kriegsverschuldung des Deutschen Reiches und der im Versailler Vertrag von 1919 festgelegten Reparationen jene Hyperinflation, die erheblich zum Ansehensverlust und zur Destabilisierung der Weimarer Republik beitrug. Auch dem Zweiten Weltkrieg folgte eine gravierende finanzpolitische Krise, die vor 75 Jahren, am 20. Juni 1948, zur Währungsreform und zur Einführung der D-Mark führte.

Anlässlich dieser beiden Jahrestage beschäftigt sich das Archivale des Monats der Abteilung Westfalen des Landesarchivs 2023 mit Geld in jeglicher Gestalt und folgt einigen Spuren von Münzen, Banknoten, Sparguthaben, Schulden, Aktien, Briefmarken oder auch Tresoren durch den Lauf der Jahrhunderte.

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Januar: In Verruf geraten

Der Vielzahl an Territorien im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation der Frühen Neuzeit entsprach die komplexe Vielfalt umlaufender Geldsorten, denn im Lauf der Jahrhunderte hatten etliche der Her...

Der Vielzahl an Territorien im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation der Frühen Neuzeit entsprach die komplexe Vielfalt umlaufender Geldsorten, denn im Lauf der Jahrhunderte hatten etliche der Herzöge, Grafen und sonstigen Fürsten sowie viele Städte das Recht zur Münzprägung gewinnen können.

Dieses Privileg war in zweifacher Hinsicht lukrativ: der Münzherr konnte einerseits den Edelmetallgehalt der Münzen reduzieren, so dass ihr tatsächlicher Wert nicht den Ausgabewert erreichte. Andererseits wurden gelegentlich umlaufende Münzen verrufen (also ihre weitere Verwendung ab einem bestimmten Zeitpunkt verboten) und ihr Umtausch gegen neue Prägungen angeordnet; wenn dabei etwa 12 alte gegen 9 neue Pfennige getauscht wurden, strich der Münzherr einen Gewinn von 25% ein.

Münzverrufungen betrafen aber auch und vor allem „ausländische“ Währungen, um gegen unliebsame Konkurrenz vorzugehen. Öffentlich ausgehängte Plakate wie diese beiden Exemplare von 1577 bzw. 1579 informierten über die Verrufung und den Termin, nach dem die Annahme der dargestellten Münzen untersagt war. Während die Mehrheit der (Land-)Bevölkerung allenfalls mit Pfennigen in Berührung kam und daher von Verrufungen fremder Währungen kaum betroffen war, bedeuteten sie (wie auch die strukturelle Münzvielfalt) für Kaufleute eine erhebliche Erschwerung ihrer Handelsgeschäfte.

LAV NRW W, W 351 / Plakatsammlung, Nr. 204 und 1752.

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Februar: Schutz gegen Langfinger

Der Bedarf an sicherer Verwahrung von Bargeld und Wertgegenständen ist alt und wurde im Mittelalter mit eisenbeschlagenen Truhen, für die Reliquienschätze der Kirchen mit so genannten Heiltumsschränken gedeckt. Die Entwicklung moderner Tresore und Panzerschränke begann Ende des 18. Jahrhunderts mit der Erfindung neuer Schlosstechniken, darunter zwei Systeme von Joseph Bramah (1748-1814) und Jere...

Der Bedarf an sicherer Verwahrung von Bargeld und Wertgegenständen ist alt und wurde im Mittelalter mit eisenbeschlagenen Truhen, für die Reliquienschätze der Kirchen mit so genannten Heiltumsschränken gedeckt.

Die Entwicklung moderner Tresore und Panzerschränke begann Ende des 18. Jahrhunderts mit der Erfindung neuer Schlosstechniken, darunter zwei Systeme von Joseph Bramah (1748-1814) und Jeremiah Chubb. 1858 gründeten Louis Bode und Heinrich Troue in Hannover eine der ersten Spezialfirmen für einbruchsichere Stahlkammern und Panzerschränke, für die sie die genannten Schlosssysteme verwendeten. Nach einer Fusion mit der Panzer AG in Berlin 1924 ist das Unternehmen bis heute unter dem Namen Bode Panzer GmbH aktiv und produziert in Tschechien jährlich etwa 22.000 Tresore.

Die Zeitspanne von über 50 Jahren zwischen den beiden gezeigten Lieferscheinen mag darauf hindeuten, dass die Familie von dem Bussche-Münch zu Benkhausen mit den Diensten der Firma zufrieden gewesen zu sein scheint.

LAV NRW W, U 102/Haus Benkhausen (Dep.) - Akten, Nr. 6040 und 8817.

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März: Rente statt Zinsen

Die Vergabe von Darlehen gegen Zinsen war schon in der Antike bekannt und üblich – ebenso alt ist die Kritik an überhöhten Zinssätzen oder gar an Zinsen überhaupt und findet sich etwa schon im Alten und Neuen Testa­ment. Kirchliche Verbote der Zinserhebung begegnen seit dem 4. Jahrhundert immer wieder und wurden seit dem 16. Jahrhundert durch staatliche Vorschriften zur Zinshöhe bei bestimmten Han...

Die Vergabe von Darlehen gegen Zinsen war schon in der Antike bekannt und üblich – ebenso alt ist die Kritik an überhöhten Zinssätzen oder gar an Zinsen überhaupt und findet sich etwa schon im Alten und Neuen Testa­ment. Kirchliche Verbote der Zinserhebung begegnen seit dem 4. Jahrhundert immer wieder und wurden seit dem 16. Jahrhundert durch staatliche Vorschriften zur Zinshöhe bei bestimmten Handelsgeschäften begleitet.

Um den seit dem 12. Jahrhundert mit zunehmendem Geldverkehr ebenfalls wachsenden Kreditbedarf den­noch zu decken, entwickelten sich – neben dem oft be­schrittenen Weg, Geld bei den vom kirchlichen Zinsver­bot ausgenommenen jüdischen Geschäftsleuten zu lei­hen – verschiedene Finanzinstrumente. Dazu gehörte der Rentenkauf, mit dem der Gläubiger dem Schuldner für ein vereinbartes Kapital eine unbefristete jährliche Rentenzahlung abkaufte, die der Schuldner durch Rück­zahlung der Kaufsumme ablösen konnte.

Im gezeigten Beispiel kauft ein Jost van Vorden 1530 für 300 Goldgulden eine Jahresrente von 15 Goldgulden von Jurien van Loen, der dafür die Erträge aus fünf seiner Güter verpfändet. Diese Rente wurde offenbar durch Ge­nerationen vererbt und ausweislich des Textes auf der Rückseite der Urkunde schließlich 1625 von Johan Hei­denreich van Vorden für ebenfalls 300 Goldgulden an Graf Jobst Hermann von Holstein-Schaumburg-Stern­berg weiterverkauft. Die beiden Einschnitte in der Ur­kunde deuten darauf hin, dass die Nachfahren bzw. Er­ben des Jurien van Loen die Rente später durch Zahlung der 300 Goldgulden abgelöst haben.

LAV NRW W, B 104u/Domkapitel Münster, Domkellnerei - Urkunden, Nr. 113.

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