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Architektur in Westfalen

In 2017 nahm die Abteilung Westfalen den 250. Jahrestag der Grundsteinlegung des Fürstbischöflichen Residenzschlosses zu Münster am 26. August 1767 zum Anlass, westfälische Baugeschichte in zwölf Beispielen als "Archivale des Monats" zu betrachten. Ohne Anspruch auf Repräsentativität geraten dabei Ansichten und Pläne zu Bauwerken verschiedenster Gattungen und Zeiten in den Blick, so dass das Spektrum von Burgen im 17. bis zum sozialen Wohnungsbau im 20. Jahrhundert reicht.

 

 

Burg Schwarzenberg

Wenn es eine historische Bauform gibt, die das Mittelalter verkörpert, dann ist es die Burg. Der Anblick einer Burgan­lage, egal ob Ruine oder romantische Rekonstruktion, läßt Bilder von Rittern hoch zu Ross, Jungfrauen in Nöten, Be­lagerungen und Turnieren entstehen. Die historische Wirk­lichkeit war meist eine andere...

Wenn es eine historische Bauform gibt, die das Mittelalter verkörpert, dann ist es die Burg. Der Anblick einer Burgan­lage, egal ob Ruine oder romantische Rekonstruktion, läßt Bilder von Rittern hoch zu Ross, Jungfrauen in Nöten, Be­lagerungen und Turnieren entstehen. Die historische Wirk­lichkeit war meist eine andere.

Die überwiegende Mehrheit der Burgen war deutlich kleiner und kompakter als die schweren Befestigungsanlagen, die heute in Büchern und Filmen eine prominente Rolle spielen. Dementsprechend beengt war das Leben auf einer Burg.Als sich die Tempe­raturen im Spätmittelalter Jahr für Jahr nach unten beweg­ten und die Einführung des Schießpulvers den Verteidi­gungswert der Wehranlagen aushöhlte, verließen viele Ad­lige ihre Burgen oder bauten sie zu Schlössern um.

Die handgezeichnete Ansicht aus der Mitte des 17. Jahr­hunderts zeigt die Burg Schwarzenberg bei Plettenberg im westlichen Sauerland. Sie diente im Mittelalter den Grafen von der Mark als wichtiger Stützpunkt in ihrer langen Aus­einandersetzung mit den Erzbischöfen von Köln um die Vorherrschaft in Südwestfalen. 1513, rund zweihundert Jahre nach dem Bau der Burg, erwarb die Familie von Plettenberg den Pfandbesitz an Schwarzenberg. Im 17. Jahrhundert lagen der Wohnturm und ein Teil der Befesti­gungsanlage in Ruinen, der Rest der Anlage wurde als schlossartiger Wohnsitz genutzt. Im 19. Jahrhundert wurde Schwar­zenberg durch einen Brand völlig zerstört. Der Heimatverein von Plettenberg bemüht sich darum, die Überreste Besuchern zugänglich zu machen.

LAV NRW W, W 051/Kartensammlung A, Nr. 7813

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Kloster Marienfeld

Das Kloster Marienfeld im östlichen Münsterland wurde 1185 von Zisterzi­enser Mönchen aus Hardehausen ge­gründet. Obwohl in einer dünn besie­delten und landwirtschaftlich wenig fruchtbaren Gegend gelegen, entwi­ckelte sich das erste Zisterzienser Kloster des Bistums Münster innerhalb kurzer Zeit zu einem bedeutenden öko­nomischen und kulturellen Zentrum der Region...

Das Kloster Marienfeld im östlichen Münsterland wurde 1185 von Zisterzi­enser Mönchen aus Hardehausen ge­gründet. Obwohl in einer dünn besie­delten und landwirtschaftlich wenig fruchtbaren Gegend gelegen, entwi­ckelte sich das erste Zisterzienser Kloster des Bistums Münster innerhalb kurzer Zeit zu einem bedeutenden öko­nomischen und kulturellen Zentrum der Region.

Bis zu sechzig Mönche und vermutlich ebenso viele Laienbrüder lebten, beteten und arbeiteten hier.

Die Vogelschauansicht des späten 18. Jahrhunderts zeigt das Kloster im letz­ten Baustadium vor der Aufhebung durch den preußischen Staat 1803. Nach den Wirren von Reformation und Dreißigjährigem Krieg (1618–1648) hatte eine Reihe ehrgeiziger Äbte die Anlage im barocken Stil modernisieren lassen. Heute noch vollständig erhalten sind die Klosterkirche und die Residenz des Abtes, die sogenannte „Neue Ab­tei“ (rechts neben der Kirche), außer­dem Teile des Wirtschaftshofes (im Vordergrund).

LAV NRW W, W 051/Kartensammlung A, Nr. 1193

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Fürstbischöfliches Schloss zu Münster

Als am 20. März 1719 Clemens August von Bayern zum Fürstbischof von Münster gewählt wurde, verpflichtete er sich, in Münster eine entsprechende herr­schaftliche Residenz zu bauen. Erst 1733 jedoch wurde der junge Johann Conrad Schlaun (1695-1773), Ingenieur- und Artillerieoffizier aus Nörde mit der Ausarbeitung erster Pläne beauftragt...

Als am 20. März 1719 Clemens August von Bayern zum Fürstbischof von Münster gewählt wurde, verpflichtete er sich, in Münster eine entsprechende herr­schaftliche Residenz zu bauen. Erst 1733 jedoch wurde der junge Johann Conrad Schlaun (1695-1773), Ingenieur- und Artillerieoffizier aus Nörde mit der Ausarbeitung erster Pläne beauftragt.

Andere Bautätigkeiten, die den Vorzug erhielten, sowie die Wirren des Siebenjährigen Krieges verzögerten die Ausfüh­rung der Entwürfe. Kurz vor Ende des Krieges verstarb der Fürstbischof, doch hielt sein Nachfolger Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels an den Plänen fest. Nach der Grundsteinlegung 26. August 1767 war Mitte des Jahres 1772 der Außenbau des Schlosses fertiggestellt. Als Schlaun 1773 verstarb, übernahm Wilhelm Ferdinand Lipper die Bauleitung bis zur Vollendung des Schlosses im Jahre 1784, änderte jedoch nichts am Generalplan Schlauns, der eine barocke, in der Stadt „entre cour et jardin“ gelegene Dreiflügelanlage vorsah.

Die lavierte Federzeichnung (im Original 49 x 110 cm) zeigt die Gartenfassade des Schlosses von Westen nach Schlauns Entwurf von 1768. Die Fassade gliedert sich in drei Kompartimente, betont wird sie durch einen hervorspringenden massiven dreiachsigen Risaliten am Mittelpavillon mit Doppelpilastern in Kolossalordnung und einem verzierten Dreiecksgiebel. Dort im ersten Obergeschoss und Mezzaningeschoss befindet sich die Beletage mit den Paraderäu­men inklusive Festsaal für den Fürstbischof, bekrönt wird sie von einem Mansardendach.

LAV NRW W, W 051/Kartensammlung A, Nr. 1099

 

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Levedags Mühle in Bevergern

Die so genannte Levedags Mühle in Bevergern bei Hörstel wurde 1804 auf der Basis eines alten Geschützturms im Auf­trag der Bevergerner Gewandmacher-Zunft errichtet, nach­dem der Fürstbischof von Münster bereits 1799 eine Konzes­sion erteilt hatte. Die Windmühle war mit einer Hammerwalke ausgestattet, die das eingebrachte Textilgewebe zu festem Tuchstoff verdichtete...

Die so genannte Levedags Mühle in Bevergern bei Hörstel wurde 1804 auf der Basis eines alten Geschützturms im Auf­trag der Bevergerner Gewandmacher-Zunft errichtet, nach­dem der Fürstbischof von Münster bereits 1799 eine Konzes­sion erteilt hatte. Die Windmühle war mit einer Hammerwalke ausgestattet, die das eingebrachte Textilgewebe zu festem Tuchstoff verdichtete.

Eine Welle übertrug die im Turmkopf mithilfe der Flügeldrehung erzeugte Windenergie ins Erdge­schoss, wo schwere Hämmer das nasse Tuch solange durchkneteten, bis sich ein fester Filz gebildet hatte.

Zur damaligen Zeit war die Bevergerner Mühle die einzige Walkwindmühle im Oberstift Münster. 1808 kam sie in den Besitz der Familie Levedag, von der sie heute ihren Namen hat. Die Anlage blieb bis in die 1920er Jahre in Betrieb, zu­letzt angetrieben von einem Dieselmotor.

LAV NRW W, W 051/Kartensammlung A, Nr. 17120

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Brauhaus in Habichtswald (Grafschaft Tecklenburg)

In Westfalen hat das Bierbrauen eine lange Tradition. Im Mittel­alter wurde hier vor allem das sogenannte Grutbier gebraut. Zum Würzen der Maische verwendeten die Brauer damals noch kei­nen Hopfen, sondern eine Mischung aus Heidekräutern (Porsch und Gagelkraut). Hopfenbier war zunächst eine Eigenheit der küstennahen Hansestädte, die sich erst im 16. Jahrhundert auch in Westfalen durchsetzte...

In Westfalen hat das Bierbrauen eine lange Tradition. Im Mittel­alter wurde hier vor allem das sogenannte Grutbier gebraut. Zum Würzen der Maische verwendeten die Brauer damals noch kei­nen Hopfen, sondern eine Mischung aus Heidekräutern (Porsch und Gagelkraut). Hopfenbier war zunächst eine Eigenheit der küstennahen Hansestädte, die sich erst im 16. Jahrhundert auch in Westfalen durchsetzte.

Etwa zur gleichen Zeit  breitete sich der Bierkonsum von Norden nach Süden aus und verdrängte den Wein als Alltagsgetränk breiter Schichten.

Das Braugewerbe unterlag stets obrigkeitlicher Aufsicht. Als Grundnahrungsmittel war Bier bis ins 19. Jahrhundert ein wichti­ges Feld städtischer und landesherrlicher Versorgungspolitik. Außerdem galt übermäßiger Alkoholkonsum damals wie heute als Gefahr für die körperliche und seelische Gesundheit der Men­schen. So stellte etwa der Autor des Büchleins „Wider den Sauf­teufel“ von 1561 gleich zu Beginn klar: Saufen aber heißt, wenn man mehr in den Leib gießt, als die Notdurft erfordert.

Darüber hinaus verband die Obrigkeit finanzielle Interessen mit der Brauwirtschaft. Die Bierakzise wurde als eine der ersten Ver­brauchssteuern in Deutschland erhoben. Bierbrauen war Hoheits­recht und durfte daher nur gegen eine gebührenpflichtige Kon­zession ausgeübt werden. In der Grafschaft Tecklenburg, die Preußen 1707 in Besitz genommen hatte, übte der Staat bis in die 1790er Jahre das Braumonopol aus und betrieb die erforder­lichen Brauhäuser.

Das abgebildete Brauhaus sollte vermutlich beim ehemaligen Jagdschloss Habichtswald gebaut werden, nachdem dort ein preußisches Krongut eingerichtet worden war. Ein fast identi­scher Plan liegt für Kirchstapel bei Lienen vor.

LAV NRW W, W 051/Kartensammlung A, Nr. 2221

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Vergnügungspark um 1800 - Das Steinfurter Bagno

Was haben eine Moschee, ein chinesischer Palast, griechische Statuen und ein französischer Garten gemeinsam? Sie alle und noch viele weitere Kuriositäten waren Teil eines über 420 Hektar großen Lustparks, den die Grafen Karl und Ludwig von Bentheim-Steinfurt seit 1765 zwischen Burgsteinfurt und Borghorst hatten errichten lassen....

Was haben eine Moschee, ein chinesischer Palast, griechische Statuen und ein französischer Garten gemeinsam? Sie alle und noch viele weitere Kuriositäten waren Teil eines über 420 Hektar großen Lustparks, den die Grafen Karl und Ludwig von Bentheim-Steinfurt seit 1765 zwischen Burgsteinfurt und Borghorst hatten errichten lassen.

Der Park, der nach einem ehemaligen Badehäuschen als das Steinfurter Bagno bekannt wurde, sollte seinen Besuchern, in den Worten Graf Ludwigs, „durch seine glänzenden Abwechslungen im unbekannten Westfalen einen köstlichen Aufenthalt“ bieten. Sie konnten in der großen Galerie Konzerten lauschen, im Kiosk spei-sen und zu Fuß, im Pferdewagen oder Boot die kunstvolle Landschaft betrachten.

Tatsächlich ging der Wunsch der Grafen in Erfüllung. Während um das Jahr 1780 jährlich 500 Übernachtungen gezählt wurden, stieg die Anzahl der Besucher im Jahre 1805 auf 4300. Nach Einmarsch der Franzosen im Jahre 1806 ging die Grafschaft Steinfurt an das Großherzogtum Berg über und verschwand damit von der Landkarte. Auch nach Übernahme der Grafschaft durch Preußen konnten die Grafen nicht mehr in die Erhaltung des Parks investieren, so dass viele Gebäude abgerissen werden mussten und das einst so prachtvolle Ensemble allmählich verfiel.

Heute genießt das Bagno wieder große Populari-tät als Freizeit- und Erholungsanlage und lockt zugleich renommierte Musiker in die Konzertgalerie.

LAV NRW W, W 051/Kartensammlung A, Nr. 10431

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Sozialer Wohnungsbau in Bocholt

Ende des 19. Jahrhunderts wohnte die Mehrheit der Bevölke­rung in den führenden Industrienationen in alten, maroden Häusern, bloßen Bretterbuden oder riesigen Mietskasernen ohne fließend Wasser, Strom oder Zentralheizung. Oft teilten sich mehrere Familien ein einziges Zimmer. In Deutschland engagierte sich der Staat lange Zeit nur sporadisch in der Wohnungspolitik...

Ende des 19. Jahrhunderts wohnte die Mehrheit der Bevölke­rung in den führenden Industrienationen in alten, maroden Häusern, bloßen Bretterbuden oder riesigen Mietskasernen ohne fließend Wasser, Strom oder Zentralheizung. Oft teilten sich mehrere Familien ein einziges Zimmer. In Deutschland engagierte sich der Staat lange Zeit nur sporadisch in der Wohnungspolitik.

Um sich selbst zu helfen, gründeten viele Berufsgruppen eigene Baugenossenschaften, außerdem er­richteten einige sozial engagierte Unternehmer in der Nähe ihrer Fabriken Arbeitersiedlungen. Erst in der Weimarer Re­publik verbesserte sich die Situation, da jährlich dreimal so viele Wohnungen wie vor dem Weltkrieg entstanden und über die Hälfte davon direkt oder indirekt durch den Staat gefördert wurden.

Städtebauliches Ideal dieser Zeit war die vorstädtische Klein­siedlung aus Einfamilienhäusern in verschiedenen Ausführun­gen: alleinstehend, als Doppelhaushälften oder in Reihe. Be­grenzte Geldmittel und hoher Bedarf ließen es allerdings nicht zu, auf die Förderung von Mehrparteienhäusern gänzlich zu verzichten.

In der Zeit des Nationalsozialismus hatte die Kriegsrüstung absoluten Vorrang vor der Wohnungspolitik. Obwohl die Pro­paganda den „Volksgenossen“ Gegenteiliges vorgaukelte, fiel der Wohnstandard der NS-Neubauten in der Regel weit unter das vor 1933 erreichte Niveau zurück. Die hier abgebildeten so genannten „Volkswohnungen“ wurden zwischen 1935 und 1937 auf dem Hochfeld vor der Stadt Bocholt errichtet (Hoch­feldstraße, Ecke Jahnstraße). Eine „kinderreiche“ Familie im Erdgeschoss und eine „kinderarme“ Familie in der Dachge­schosswohnung sollten sich die insgesamt 52,5 qm nebst in­tegriertem Stall (21 qm) sowie großem Garten für die Selbst­versorgung teilen. Weder Zentralheizung noch Spül-WC, bei­des vor 1933 schon üblich, waren in den Häusern zu finden.

LAV NRW W, W 051/Kartesammlung A, Nr. 1432

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Gehobenes Wohnen in Iserlohn

Wie andernorts auch, florierte in Iserlohn bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Gewerbeproduktion, die das Stadtbild direkt durch die zunächst noch zentral errichteten Fabriken, indirekt durch die Gebäude zur Unterbringung von Arbeitern auf der einen und wohlhabenden Unternehmern auf der anderen Seite veränderten...

Wie andernorts auch, florierte in Iserlohn bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Gewerbeproduktion, die das Stadtbild direkt durch die zunächst noch zentral errichteten Fabriken, indirekt durch die Gebäude zur Unterbringung von Arbeitern auf der einen und wohlhabenden Unternehmern auf der anderen Seite veränderten.

Friedrich Hermann Herbers (1840-1904) war Teilhaber der Nadelfabrik Witte und heiratete 1870 die Tochter des Unternehmers Wilhelm Romberg (1817-1892), der in Iserlohn und Berlin Fabriken für Beschläge besaß. Architektonisch manifestierte sich diese Verbindung in der Villa Herbers/Romberg auf dem Tyrol in Iserlohn, die in drei Etappen erbaut wurde: gegenüber der um 1870 errichteten Villa Romberg entstand ab 1873 die Villa Herbers, die dann durch einen Wintergarten mit der Villa Romberg verbunden wurde.

Sehr lange konnten sich die Familien jedoch nicht der stilvollen Wohnlage am „Bellevue“ (so die Anschrift) erfreuen: im März 1918 kaufte die Stadt Iserlohn den Gebäudekomplex, der bis zum Abbruch 1963/65 u.a. durch Kriegswirtschaftsämter, Finanzamt, einen Kindergarten, ein Seniorenheim und eine benachbarte Schule genutzt wurde.

Die 1844 gegründete Fabrik für Schlösser und Beschläge „Au-rand & Sudhaus“ existiert noch heute als Sudhaus GmbH & Co.KG.

LAV NRW W, W 051/Kartensammlung A, Nr. 4271

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Nachbarschaftstreit in Dortmund anno 1673

Grenzstreitigkeiten kommen zwar seit jeher auch auf dem platten Lande vor, doch erhöht sich das Konfliktpotential vor allem dort, wo Menschen einander näher rücken und in Städten die Bebauung immer enger zusammenwächst. ...

Grenzstreitigkeiten kommen zwar seit jeher auch auf dem platten Lande vor, doch erhöht sich das Konfliktpotential vor allem dort, wo Menschen einander näher rücken und in Städten die Bebauung immer enger zusammenwächst.

Zwischen Dr. Heinrich Eichen, Advokat und Ratskämmerer zu Dortmund, und seinem Nachbarn Gerhard Vogt in der (heute noch existierenden) Wißstraße kam es 1673 zu einem Streit um das Ei­gentum und die Nutzungsrechte an einem schmalen Weg, der zwi­schen Vogts Haus und Eichens Garten zu dessen Scheune führte. Nachdem Vogt mit seiner Klage vom Dortmunder Rat (naheliegen­derweise?) abgewiesen worden war, appellierte er an das Reichs­kammergericht, das den Fall auch aufgrund seiner Verlegung aus dem zerstörten Speyer nach Wetzlar jedoch erst ab 1693 verhan­delte. Zur Klärung der örtlichen Verhältnisse wurden drei Lagepläne angefertigt, die einen plastischen und detaillierten Einblick in das damalige Stadtbild gewähren.

Der Auszug aus der Legende verdeutlicht die Problematik:

A: Eichens Scheuer

B: Eichens Garten

F: die streitige Gassentür

G: die streitige Gasse

H: Vogts Haus

J: Eichens Hoftür in seiner Mauer

N: in Vogts Seitwand streitige Fenster

Trotz dieser Beweisaufnahme verwies das Gericht den Fall schließ­lich 1698 nach Dortmund zurück und verurteilte Vogt zur Erstattung sämtlicher Gerichtskosten (Reichskammergericht E 163).

LAV NRW W, W 051/Kartesammlung A, Nr. 21677

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Wehrhafte Residenz für den Bischof

Nach seiner Wahl zum Fürstbischof von Münster 1650 wollte Christoph Bernhard von Galen („Bomben-Bernd“) Coesfeld als bevorzugte Residenzstadt ausbauen und ließ ab 1655 vorhandene Befestigungsanla­gen erweitern bzw. um eine Zitadelle ergänzen...

Nach seiner Wahl zum Fürstbischof von Münster 1650 wollte Christoph Bernhard von Galen („Bomben-Bernd“) Coesfeld als bevorzugte Residenzstadt ausbauen und ließ ab 1655 vorhandene Befestigungsanla­gen erweitern bzw. um eine Zitadelle ergänzen.

Die nach dem ersten Bischof von Münster benannte Ludge­rus-Burg entstand im Norden der Stadt auf Grundstücken, die zuvor gegen Entschädigung enteignet wor­den waren, und nahm schließlich eine annähernd gleich große Grundfläche ein wie die Stadt selbst (vgl. kleine Abbildung).

Schon nach Galens Tod 1678 begann der Verfall der Anlagen, da seine beiden Nachfolger wenig Interesse an Vollendung und Unterhaltung von Festung und Schloss zeigten. Ab 1688 ließ das Münstersche Domka­pitel den Komplex fast vollständig schleifen, so dass heute nur noch wenige Reste, darunter ein Tonnen­gewölbe und die Ruine eines Torhauses zu sehen sind.

LAV NRW W, W 051/Kartensammlung A, Nr. 219

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Landadel in der Stadt

Die Zentralisierung verschiedener Funktionen der fürstbischöf­lichen Territorialherrschaft in Münster veranlasste viele Ange­hörige des landsässigen Adels im Münsterland seit dem 17. Jahrundert, mehr oder weniger repräsentative Residenzen für Zeiten des Aufenthalts in der Stadt zu errichten. Mehr als 50 solcher Domizile haben schließlich das Stadtbild nicht uner­heblich geprägt, sind überwiegend im Bombenkrieg zerstört und nur in Ausnahmefällen wie dem Erbdrostenhof in altem Glanz rekonstruiert worden....

Die Zentralisierung verschiedener Funktionen der fürstbischöf­lichen Territorialherrschaft in Münster veranlasste viele Ange­hörige des landsässigen Adels im Münsterland seit dem 17. Jahrundert, mehr oder weniger repräsentative Residenzen für Zeiten des Aufenthalts in der Stadt zu errichten. Mehr als 50 solcher Domizile haben schließlich das Stadtbild nicht uner­heblich geprägt, sind überwiegend im Bombenkrieg zerstört und nur in Ausnahmefällen wie dem Erbdrostenhof in altem Glanz rekonstruiert worden.

Der hier in einem Erweiterungsplan von etwa 1810 gezeigte Kleine Romberger Hof gehörte ursprünglich zu dem in den 1780er Jahren erbauten Stadthof der Familie Heereman von Zuydtwyck, der sich von der Neubrückenstraße bis zur heuti­gen Hörsterstraße erstreckte und mehrere Gebäude umfasste, aber schon 1798 komplett an die Familie von Romberg verkauft wurde. Während man den Kleinen Romberger Hof bereits 1897 zugunsten eines Neubaus abbrach, wurde der Hauptteil des Stadthofes im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört und ist nur noch in jener Ruine der rückseitigen Gartenfassade erhal­ten, die 1956 in den Neubau des Stadttheaters integriert wurde.

LAV NRW W, W 051/Kartensammlung A, Nr. 19993

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Der schiefe Turm von Soest

Die Kirche Alt-Sankt Thomä am Rande der Soester Altstadt gehört zu den ungewöhnlichen Gotteshäusern Westfalens, weil sie sich der gewohnten Symmetrie widersetzt. Um 1180 im Stil der Romanik errichtet, wurde der Bau rund einhundert Jahre später nach goti­scher Mode umgestaltet. Dabei wurde das Langhaus an einer Seite erweitert, sodass Turm und Chor seitlich versetzt zu sein scheinen...

Die Kirche Alt-Sankt Thomä am Rande der Soester Altstadt gehört zu den ungewöhnlichen Gotteshäusern Westfalens, weil sie sich der gewohnten Symmetrie widersetzt. Um 1180 im Stil der Romanik errichtet, wurde der Bau rund einhundert Jahre später nach goti­scher Mode umgestaltet. Dabei wurde das Langhaus an einer Seite erweitert, sodass Turm und Chor seitlich versetzt zu sein scheinen.

Am auffälligsten, weil schon von weitem sichtbar, ist jedoch die nach Westen geneigte Turmhaube. Im Volksmund heißt die Kirche deshalb „Schiefer Turm“. Einer Legende zufolge verneigt sich der Turm stellvertretend für die Soester Bürgerschaft vor ihrem Stadt­herren, dem Erzbischof und Kurfürsten von Köln, der am Rhein, also im Westen, residierte. Tatsächlich stellt die Haube nachweis­lich keine mittelalterliche Konstruktion dar. Sie wurde in ihrer heu­tigen, geneigten Form erst im 17. Jahrhundert errichtet. Da herrschte der Kölner Erzbischof schon lange nicht mehr über die Bördestadt, die in einer blutigen Auseinandersetzung mit ihrem Stadtherrn zwischen 1444 und 1449 ihre Unabhängigkeit erkämpft hatte.

Über die wirklichen Ursachen des „Schiefen Turms“ gehen die Mei­nungen auseinander. Entweder ist ein Fehler im Gebälk verant­wortlich, oder die Neigung wurde bewusst angesetzt, um den Bau gegen starke Winde zu stabilisieren. Für letzteres spricht, dass der Schiefe Turm von Soest keinesfalls einzigartig ist. Die Pauluskirche im nicht weit entfernten Kamen besitzt ebenfalls eine schräge Haube. Wie den Soestern gilt auch den Bürgern Kamens ihr Schiefer Turm als ein unverwechselbares städtisches Wahrzeichen.

LAV NRW W, W 051/Kartensammlung A, Nr. 21010

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